Kapitel XI: Meine erste Freundin

 

 

Mit meiner Freundin hatte ich eine schöne Zeit. Ich verbrachte mit ihr den schönsten Sommer den ich überhaupt bis jetzt erlebt habe. Für ihre Verhältnisse bin ich sogar recht lang mit ihr gegangen. So schön wie unsere Beziehung angefangen hatte, so schwer war es auch für mich zu begreifen, daß es vorbei war. Ich darf doch ehrlich sein zu euch, oder? Es tut sogar heute noch manchmal weh, wenn ich an sie denke, obwohl es schon eine ganze Weile her ist, daß wir nicht mehr zusammen sind. Doch alles schön der Reihe nach. Am Abend des letzten Schultages war dann, wie schon erwähnt, die Party bei der Steffi. Nach einem herzlichen Willkommen und der Geschenkübergabe gab sich der "harte Kern" ein kleines Stelldichein. Da bis zum Beginn der Party noch ein paar Stunden Zeit war, setzten wir uns in das Zimmer vom Flo und redeten über das vergangene Schuljahr. Die Welt war fast in Ordnung für mich, bis auf eben jene Kleinigkeit die sich "feste Freundin" nennt. Ich habe auf meinen Parties schon so vieleLeute zusammengebracht, nur mich noch nicht. Daran hat sich bis heute noch nichts geändert, wobei die Betonung auf "meinen Parties" liegt.

Allmählich kamen die Gäste. Ich schätze es waren etwa 20 Leute, die auf die Party kamen. Ich hatte keine, bei der ich es versuchen wollte, an diesem Abend. Nach und nach begann die Feier lustig zu werden. Die Steffi saß bei einem ihrer engeren Freunde, die Judith kam mit ihrem Freund, der Flo saß bei der Verena, der Dennis küßte irgendwo seine Freundin, der Basti fuhr um zwölf nach Hause, der Sturmi beschäftigte sich ebenfals mit seiner Freundin und ich saß halb gut, halb schlecht gelaunt in der Gegend umeinander. Nicht das Party langweilig gewesen wäre, nein, aber man schaut die Anderen so komisch an, wenn sie einer Freundin im Arm irgendwo sitzen. Auf der Party war kein Mädchen welches sich für mich zu interessieren schien, Kunststück, denn es war ja auch niemand da außer den Mädels von unserer Klasse. Zugegeben, ich war nicht gerade froh darüber, doch halt, bevor es heißt ich lüge: ein paar andere weibliche Wesen waren schon noch da, doch keine die mich inrgendwie interessiert hätte. Die Steffi hätte mir natürlich schon gefallen, aber es hätte nie funktioniert, wie ich schon vor langer Zeit erkannt hatte, also beschloß ich, es sein zu lassen. Ich stopfte mich mit allerhand Süßigkeiten voll, ließ den Abend allmählich zu Ende gehen und legte mich so gegen drei Uhr schlafen.

Der Flo war auch lustig. Da hat er eine hübsche Freundin und läßt sie dann alleine auf der Party sitzen um mit dem Dennis in ein Café zu fahren. Auf so eine Idee würde ich gar nicht kommen, meine Freundin auf einer Party allein zu lassen, ich hätte viel zu viel Angstm daß sie jemand dumm anbaggert.

Am nächsten Morgen war ich recht geschafft - kein Wunder. Kleiner Tip am Rande: man sollte eine Party nicht halten, wenn am selben Tag noch Schule war, es könnte nämlich sein, daß dann alle so gegen zwei Uhr schlapp machen und sich in die "Falle hauen".

In der Früh wußte ich noch nicht, was in der Nacht passieren sollte. Als ich gegen Mittag zu Hause ankam, telefonierte ich als erstes mit dem Puri. Ich wollte wissen, ob unser Computerspieleabend heute bei mir stattfinden sollte. Er faselte irgendwas von 6 Uhr Abends. Also rief ich bei einem guten Bekannten von mir an, weil ich ihm schon lange versprochen hatte, mit ihm Computerspiele zu tauschen. Am Nachmittag holte er mich mit seinem Auto ab. Bei 30 Grad und einer fast unmenschlichen Schwüle kamen wir bei einem Kumpel von ihm an. Dort gab es viele neue Spiele für den computergeilen Harry. Vor lauter Computer vergaß ich den Puri, der schon seit einer halben Stunde bei mir wartete. Schnell die neuen Spiele noch kopiert und nach Hause gefahren. Von meiner Mutter gab's einen kleinen Anschiß was mir denn einfällt, eine guten Freund über eine Stunde warten zu lassen. Der Puri war mir nicht böse, denn er hatte sich vorher in der Stadt ein neues Computerspiel zugelegt. Insofern verging für ihn die Zeit wie im Flug. Ich hatte dann noch einige neue Programme dabei, was seine und meine Stimmung verbesserte.

Nach einer Pizza und einigen Colas schoben sich die Zeiger der Uhr auf 20:12 Uhr. Diese Uhrzeit habe ich noch im Kopf. Wir waren gerade mitten in einer Mission als es auf einmal an der Tür läutete. Es läutete ein zweites mal bis meine Mutter von der Terrasse bis zur Tür sprintete. "Harry, für dich!". Ich dachte es wäre der Frank der in meiner Nachbarschaft wohnt. Angetan von dieser hervorragenden Weltraumsimulation schrie ich: "Ja, schick ihn rauf, er weiß doch wo mein Zimmer ist!". "Ich kenn’ die ja auch nicht!" kam prompt die Antwort. "Schick sie halt trotzdem rauf!" rief ich genervt. Ich erhob mich von meinem Stuhl, öffnete meine Zimmertür und sah zwei Gestalten die Treppe nach oben kommen. Wer war das? Ah, die eine, die Betonung liegt auf die, war meine Tanzpartnerin, oder sollte ich ehemalige Tanzpartnerinsagen, die Dani, die Andere kannte ich noch nicht. Ich sollte sie noch früh genug kennen lernen. In meinem Zimmer sah es aus wie im Schweinestall. Die Coladosen standen bzw. lagen kreuz und quer im Zimmer umeinander, die Hülle vom Computerspiel lag auf meinem Bett wo auch noch mein Schlafanzug und meine Unterwäsche von gestern lag.

Schnell ließ ich die Unterwäsche hinter meinem Bett im Papierkorb verschwinden, öffnete das Fenster ganz, damit der Pizza und Schweißgeruch sich möglichst schnell mit der warmen Abendluft von draußen vermischte.

Könnt ihr euch das vorstellen wie mein Zimmer auf den ersten Blick gewirkt haben muß? Coladosen, Schweißgeruch, Pizzadüfte, ein lärmender Computer, ein laufender Ventilator und zu guter Letzt der naßgeschwitzte Puri und ich. Ein tolles Bild, echt. Mit einem netten "Hi" begrüßten uns die Mädchen. Mit einem kurzen "Oh, hi!" begrüßte der Puri die Beiden. Ich hatte Sie schon auf der Treppe begrüßt. Ohne sich nach ihnen umzudrehen flog der Puri weiter seine Mission. Er hatte recht, wegen einem Mädchen darf man keine sehr wichtige Mission abbrechen. Nachdem endlich die "Mission complete" Meldung am Bildschirm aufleuchtete sprangen wir in den "Hyperraum". Das Team "Puri & Heckl" hatte wieder einmal seine Fähigkeiten für das Imperium unter Beweis gestellt. Jetzt drehten wir uns nach der Dani und der "großen Unbekannten" um. Gut, daß Mädchen nicht tuscheln, sonst könnte man den Eindruck bekommen, sie würden über Sachen reden, die computerspielende Jungen nichts angehen. Nach einem erneuten "Hallo"stellte die Dani uns auch die Karin vor. Karin hieß sie also, diese äuserst hübsche Unbekannte.

Könnte es sein, daß euch dieser Name noch irgend etwas sagt? Nein? Dann habt ihr mein Buch aber nicht sehr aufmerksam gelesen.

Ich dachte: "Wußte gar nicht, daß die Dani so hübsche Mädchen kennt. Mit so einer könnte ich mir vorstellen zu gehen." Sie hatte die Pölsterchen an der richtigen Stelle, ihr wißt was ich meine, nämlich die Voralpenlandschaft und vor allem die Alpen. Sie machte auf mich gleich einen netten, freundlichen Eindruck. Cool wie der Puri nun mal ist, ließ er es sich nicht nehmen den Zweien das Spiel DOOM zu zeigen. Er brachte schnell ein paar Monster mit der Kettensäge um die Ecke, feuerte den Raketenwerfer und freute sich, weil das Blut so schön spritzte. "Oh Gott", dachte ich, "und alles vor Mädchen, noch dazu wo mir die eine ganz gut gefallen würde". Um sie abzulenken wollte ich von ihnen wissen, was sie hier draußen bei uns, am Baggersee machen. "Wir übernachten heute im Garten von meinem Opa" sagte die Karin. "Aha, im Garten vom Opa.". In diesem Moment dachte ich: " Sag’ einfach das, was der Sturmi in so einer Situation sagen würde", und fügte hinzu: "Wir können euch unmöglich ganz alleine im Garten lassen, wißt ihr was, wir kommen später vorbei und beschützen euch." Ich war echt überrascht als eine positive Antwort kam. Wir durften also kommen und sie "beschützen". Um kurz vor neun fuhren die Zwei weiter in Richtung "Rotes Grieß". Das "Rote Grieß" ist eine Schrebergartensiedlung in der Nähe von meinem Haus. In der Nähe ist gut ausgedrückt. Es ist ein guter Kilometer Luftlinie bis zu den ersten Gärten. Ich freute mich schon auf später, denn ich schien mich in die Karin verliebt zu haben.

Ihren waren Namen habe ich in weiser Voraussicht etwas abgeändert. Sie heißt ein bißchen anders, aber mein engerer Bekanntenkreis weiß wer gemeint ist und das reicht vollkommen.

Gegen halb zwölf machten wir uns auf den Weg zu den Schrebergärten. "Weißt Du, wo der Garten ist?" wollte der Puri von mir wissen. "Sie haben was von "in der Nähe vom Jägerweg" gesagt". "Weißt Du wo der Jägerweg ist?". "So in etwa". Nach einer viertel Stunde kamen wir denn am Jägerweg an. Leider gibt es am Jägerweg viele Gärten. Nirgendwo brannte Licht. Also fing der Puri mitten in der Nacht um zwölf ganz laut zu Rufen an: "Karin, Daniela, wo seit ihr denn?". Natürlich kam keine Antwort. Weiter zum nächsten Weg und dort noch einmal ganz laut geschrien: "Karin, Daniela, hört ihr uns?". Von einem kleinen Licht, das seinen Weg durch die Dunkelheit zu uns schaffte, schien eine ganz leise Antwort zu kommen: "Huhuu, hier sind wir!". -wir hatten sie gefunden.

Ich war echt begeistert einen Garten mit zwei hübschen Mädels gefunden zu haben, und auch noch mitten in der Nacht weit weg vom Jägerweg. Wir wurden in den Garten gebeten. es war ein großer Garten mit einem richtigen Wohnhaus und einer kleinen Hütte, vor der eine Bank und ein Biertisch stand. Wir setzten uns nebeneinander hin, das bedeutet ich saß neben dem Puri, und die Mädchen saßen genau gegenüber von uns. Den leergetrunkenen Flaschen nach zu urteilen, hatten die zwei schon einiges getrunken. Eine Flasche Sekt und jede zwei Bier. Die Stimmung war entsprechend locker. Man könnte fast behaupten die Zwei waren gut angeheitert. Rumsitzen allein und Geschichten erzählen, ist auf Dauer langweilig, also muß man halt ein bißchen Fangen spielen. Mitten in der Nacht im Fastdunkeln. Ich hatte zum Glück eine Taschenlampe mitgenommen, die mir leider schon nach kurzer Zeit der Dani weggenommen wurde. Der Puri und ich spielten von nun an "Toter Mann", und versteckten uns hinter einem Holzhaufen. Ich versuchte den alten Trick "Wo ein Geräusch ist, ist auch jemand." Ich nahm ein Stück Holz und warf es von mir aus gesehen nach rechts um die Mädchen auf eine falsche Fährte zu locken. Da ich ja ein Glückspilz ohne Ende bin, landete das Holz nicht im Gras, wo es ein raschelndes Geräusch verursachen sollte, sondern auf dem Kaninchenkäfig im Nachbargrundstück. Mit einem lauten Krachen schlug der Ast auf dem Käfig auf. Ich kam aus meinem Versteck und wollte wissen, was ich getroffen hatte. Nachdem ich die Antwort erhalten hatte, entfernten sich die Zwei von uns, sie hatten etwas wichtiges zu bereden.

Wenn sich Mädchen schon zu einer Beratung zurückziehen kann es zum Glück nicht lange dauern. Nach guten zehn Minuten schlich ich langsam an die beiden heran. Ich hörte die Karin gerade noch "..... der gefällt mir ganz gut." sagen hören bevor sie mich entdeckten. "Wollt ihr dem Puri und mir nicht schön langsam wieder Gesellschaft leisten?". "Doch, wir kommen gleich.". Ich war echt verdutzt, daß es nicht länger als fünf Minuten gedauert hat, denn die Zeitspanne "gleich" kann bei Mädchen bis zu einer halbe Stunde dauern. Die Dani hockte sich neben den Puri und die Karin setzte sich neben mich. Sie rückte allmählich immer näher, bis wir dann Schulter an Schulter nebeneinander saßen. Es dauerte nicht lange, bis sie sich an mich anlehnte und sich glechzeitig mit ihrem rechten Arm hinter meinem Rücken an der Bierbank abstützte. Abstützen ist das falsche Wort, sie legte den Arm mehr oder weniger um mich herum. Ich war echt erstaunt, ein Traum kann auch nicht schöner sein. Erstaunt rifft es schon wieder nicht richtig, ich war happy. Ein Mädchen drückte sich bei einer enormen Hitze an mich ran, weil, um ihre Worte zu zitieren, "es so frisch" war? Komisch, gell. Mit meinem messerscharfen folgerte ich: "Dieses Mädchen will was von dir." Leider verging die Zeit wie im Flug, und weil es schon sehr spät war, beschlossen wir allmählich heimzufahren. Wer aber meint, ich hätte mich getraut meinen Arm um ihren Rücken zu legen der täuscht sich. Ich rutschte eher weg von ihr, weil ich wissen wollte, ob sie nachrutscht. Nun, sie ist nachgerutscht.

Wie ich am Gartentor erfuhr wollten die Mädchen morgen um zehn Uhr wieder Heim radeln. Auf dem Weg zu mir sagte der Puri: "Ich hab’ s mir überlegt. Ich schlafe heute nicht bei Dir, ich fahre Heim.". Ich versuchte ihn zu überreden, aber er wollte nicht. Zu Hause stellte ich meinen Wecker auf zehn Uhr, obwohl Ferien waren, und da sage noch einer ich würde nichts tun um eine Freundin zu bekommen. Am Freitagmorgen wurde ich unsanft mit Nachrichten von meinem Wecker um Punkt 10 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Müde wie kein zweiter wuchtete ich meinen Körper ins Bad. Ich war total müde, und irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, daß ich in den letzten Tagen wenig Schlaf abbekommen hatte, aber wahrscheinlich redete ich mir mein Schlafdefizit nur ein. Ich nahm eine erfrischende Dusche, denn es war schon wieder ein sehr heißer Tag. Ich rasierte mich sogar, weil ich einen Plan hatte.

Angenommen die Dani radelt mit meiner neuen Flamme an meinem Haus vorbei, dann würde ich zufällig meine Coladosen zur Mülltonne tragen. Ich kam gerade aus dem Badezimmer als ich auf halber Strecke zwischen mir und den Schrebergärten zwei Radfahrer sah. Es war eine Stunde vergangen seitdem ich ins Bad gegangen war, aber es konnten nur sie sein. Ich zog mir schnell eine abgeschnittene Jeans an, keine sehr wohl überlegte Kleidung, weil auf der abgeschnittenen Jeans noch Spritflecken vom Modellbau waren, aber was besseres fand ich auf die Schnelle nicht. Ich nahm ein paar Dosen und öffnete in den Moment die Haustür als sie vorbeifuhren. Die Karin schmiß gerade denn schwarzen Ring von meiner Taschenlampe in den Briefkasten. Dieser schwarze Ring dient zur Stoßdämpfung damit das Glas und die Birne der Taschenlampe nicht sofort zu Bruch gehen, falls die Lampe zu Boden fällt. Zufällig war dieser Ring gestern Abend nicht mehr auffindbar als ich meine Taschenlampe wieder wollte. Ich finde das es ein komischer Zufall ist. Die Tricks der Frauen sind gut, aber meine Idee mit den Dosen war auch nicht schlecht, oder? Die Dani mußte sofort weiter, aber die Karin hatte rein zufällig noch eine Stunde Zeit. Ich zeigte ihr meinen Hobbyraum und meine damals noch recht bescheidene Musiksammlung. Sie schien sich für die gleiche Art von Musik zu interessieren wie ich. Ich redete mit ihr über allerhand Dinge. Im Wohnzimmer bot ich ihr noch eine Cola an. Mein Herz machte einen Freudensprung als sie mich für Montag auf eine Party bei einem Klassenkamerad von ihr einlud. Sie gab mir ihre Telefonnummer und machte sich auf den Weg nach Hause, als sie meinen Vater sah. Sie war die Banknachbarin von der Dani in der Schule. War da nicht mal was mit einem Krach, wegen einer angeblich ungerechtfertigten Note? Kann schon sein, ich war auf einmal wie im siebten Himmel, ich hatte Schmetterlinge im Bauch, konnte an nichts anderes mehr denken als an sie, malte mir in Gedanken den Verlauf der Party aus, kurz, ich war total verknallt.

Ich fand es fast ein bißchen schade, daß sie schon wieder nach Hause fuhr. Andererseits war ich auch froh, denn so blieb mir erst einmal Zeit zum Luft holen. Als erstes rief ich den Sturmi an, denn ich hatte ihm vor Jahren versprochen, ihn zuerst anzurufen, wenn ich einmal eine Freundin haben sollte. Moment, ich hatte noch gar keine Freundin zu diesem Zeitpunkt, aber erzählen mußte ich es ihm trotzdem. "Hast schon so gut wie gewonnen", meinte er. Selbstverständlich rief ich noch meine anderen Freunde an. Ich fühlte mich echt (wie soll ich es sagen um doch nicht zu übertreiben) gut. Am Samstag in der Früh fuhren meine Eltern für zwei Wochen in den Urlaub. Ganze vierzehn Tage ohne einen "Befehl von oben". Nett wie meine Eltern sind, ließen sie knappe 1100 DM zurück, damit der Bub Zuhause auch gut leben kann.

Mit einem erleichterten Gefühl wachte ich am Samstagmorgen auf. Eine bedrückende Stille machte sich im ganzen Haus breit. Kein Lärm aus der Küche, aus dem Bad oder aus dem Arbeitszimmer, kurzum ich war allein. Harry allein Zuhaus. Draußen und in meinem Zimmer war es heiß. Kein Wunder, denn es war Ende Juli und nach einem kurzen Blick auf den Radiowecker erkannte ich, daß es Zeit zum Mittagessen war. Nach einem köstlichem Mahl, 8 Duplos und zwei Flaschen meines Lieblingsgetränks, fühlte ich mich fit für den Tag. Wenn ich mich richtig erinnere kam der Puri zu mir. Wir spielten Computer, was sonst hätten wir schon bei 30 Grad im Schatten getan. Es war ziemlich spät als er heimfuhr. Schlafen konnte ich nicht, denn meine Gedanken waren bei einem hübschen, netten Mädchen welches in Gerolfing wohnte. Am Tag vor der großen Party, ich sollte besser lebensverändernden Party sagen, übernachtete der Basti bei mir. Am Nachmittag waren wir beim Baden, dann haben wir Computer gespielt und zu guter letzt haben wir uns über Mädchen unterhalten. Ach ja, Video haben wir auch geschaut, und ihr dürft mir eines glauben, es handelte sich ganz bestimmt nicht um jugendfreie Filme. So gegen zwei haben wir uns schlafen gelegt. Vor lauter Nervosität und Hitze setzte ich mich bei geöffnetem Fenster auf mein "Fensterbankl" und blickte wie ein großer Eroberer ‘gen Westen. Da direkt nach unserem Haus die Felder beginnen, konnte ich bis nach Gerolfing schauen. Mittlerweile ist mir dieses Vergnügen genommen worden, denn vor meinem Fenster steht jetzt ein Haus, schade, aber abreißen kann ich ‘s halt doch nicht, daß würde zu weit führen.

Ich laberte irgend etwas, weil ich nicht schlafen konnte. Der Basti hörte mir voll zu, was ich aus seinem Schnarchen entnahm. Über eine Stunde saß ich auf meinem Sims, guckte nach Gerolfing und freute mich schon auf morgen. Gott sei Dank mußte der Basti erst um neun Uhr bei sich das Arbeiten im Stall anfangen, sonst hätte ich bestimmt lange geschlafen. Ab Zehn rief ich wiederum bei allen meinen guten Freunden an, um mir Tips zu holen, was ich denn am Abend zu machen habe. Zwischen der Party und dem betrübten Umeinandersitzen Zuhause, stand nur noch ein Telefonanruf. Pünktlich um halb zwölf, wie ausgemacht, wählte ich langsam ihre Nummer, die ich schon auswendig gelernt hatte. "Karin ...". Natürlich hatte sie ihren Nachnamen auch gesagt, aber ich kann doch nicht einfach ihren Nachnamen Preis geben, wenn sie mich darum gebeten hat, ihn nicht zu erwähnen.

"Hi, ich bin’ s, der Harry. Ich ruf’ an wegen heute Abend, ob ich mit Dir auf die Party kommen kann, oder ist Dir was dazwischen gekommen?". "Nö,..."- Schock- Hilfe, das darf nicht wahr sein, soviel Pech aber auch, "das klappt schon, wann treffen wir uns denn am Omnibusbahnhof, weil ich hab’ mir gedacht, wir könnten mit dem Bus zur Party fahren.". Herzinfarkt, Jubel, Explosion, Freude, wer beschützt mich vor mir selbst? Ich war überwältigt, es war nichts dazwischen gekommen, was mich, zugegeben, sehr stark verwunderte. "Ist mir egal, weißt Du wann der Bus geht?". "Ja, um halb sieben am Omnibusbahnhof, Bussteig 1!", gab sie mir als Antwort. "Ok, dann sehen wir uns um halb sieben am Busbahnhof.". "Also, mach’s gut, bis nachher, dann.". "Mach’ s besser, bis dann, tschüs!". Schnell den Hörer auf die Gabel gelegt und erst einmal in den Keller und ganz laut die Musik aufgedreht. Ich war der König, ein Held kurz: der totale Herzensbrecher. Im Moment fühlte ich mich sehr gut. Nachdem der erste Freudenanfall vorüber wahr, telefonierte ich schon wieder, um allen mitzuteilen, daß das mit der Party klar ging. Ich verbrachte praktisch den ganzen Nachmittag an der Strippe. Von allen Seiten holte ich mir Tips. In erster Linie redete ich aber mit all den Leuten, um meine komischen Gefühle in der Magengegend loszuwerden. Die Zeiger der Uhr wollten sich einfach nicht bewegen. Nach schier ewigen Stunden des Wartens war es dann schließlich sechs Uhr. Frisch geduscht und rasiert radelte ich zur Quelle. Dort stellte ich mein Fahrrad ab und hetzte wie ein wilder zum Busbahnhof. Es war genau 18:17 Uhr, als ich ankam. Erleichtert stellte ich fest, daß die Karin noch nicht da war, ich war überpünktlich. Sie kam auch überpünktlich. Sie kam zwei Minuten vor Halb. Wir begrüßten uns, doch wir unterhielten uns kaum. Ich hatte Hemmungen, denn ich hätte ja was falsches sagen können. Sie hingegen erzählte, daß sie unbedingt in den Film "When a man loves a woman" gehen will, sie aber nicht weiß mit wem. Ich stellte mich noch nicht zur Verfügung, denn ich wollte noch den Verlauf der Party abwarten. Nach einer kurzen Busfahrt wurden wir beide vom Gastgeber der Party an der Haltestelle abgeholt. Ich weiß leider nicht wer es war, denn er hatte noch einen Zwillingsbruder. Ich weiß bloß, daß sie beide 16 wurden. Die Party fing schon mal mit einem gutem Essen an. Es gab Lasagne und Spaghetti. Leider hatte der Koch und Gastgeber vergessen die Lasagne zu würzen. Ich saß neben der Karin in einem Gartenstuhl. Mit der Zeit wurde der Abstand zwischen unseren beiden Stühlen immer geringer. Ich traute mich nicht sie in den Arm zu nehmen vor lauter Angst sie könnte mir eine Abfuhr geben. Nichts geschah, außer daß ein Gewitter aufzog. Binnen fünf Minuten hatte sich der Himmel verdunkelt und es schüttet wie verrückt. Man möchte es gar nicht für möglich halten, wie es Anfang August so stark regnen kann. Die meisten der Gäste verzogen sich ins Haus um nicht naß zu werden. Ein paar von Karins Freundinnen blieben allerdings noch draußen da sie, wie wir, unter dem Balkon saßen und nicht naß geregnet werden konnten. Unsere Ellenbogen berührten sich. Nach einer halben Stunde nahm ich meinen Arm runter auf die Lehne des Stuhls. Es dauerte nicht lang und auch sie nahm ihren Arm runter. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit meinen Hand auf ihre zu legen. Ich hatte nur zwei Möglichkeiten, wie sie reagieren könnte. Entweder sie zog ihre Hand weg und guckte mich blöd an, oder sie nahm meine Hand und drückte sie zu. Es war genau 21:12 als ich meinen inneren Schweinehund überwand, und ihre Hand nahm. Sie zog ihre Hand nicht zurück, sondern lächelte mich an und drückte meine Hand ganz fest. Dieses Glücksgefühl werde ich nie vergessen. Soetwas kann man schlecht beschreiben, es ist als könnte man die ganze Welt umarmen, oder ganz laut vor Freude schreien oder sich einfach unsagbar gut fühlen. Am Montag dem 1. August 1994 um 21:12 hatte ich meine erste Freundin bekommen. Ein einfach zu merkendes Datum, wie ich finde. Von diesem Zeitpunkt an war mir die Party egal. Ich lachte einfach wenn die Anderen lachten, denn ich war irgendwie mit meinen Gedanken ganz wo anders. Übrigens war auch der Ex- Freund von der Karin auf der Feier. Mit ihm war sie bis vor zwei Wochen gegangen. Das kümmerte mich nicht viel, denn er hatte mit ihr Schluß gemacht, insofern hatte ich von ihm nichts zu befürchten. Er hieß Raimund und kam von einem Bauerndorf östlich von Ingolstadt. Als ich fünf Minuten auf der Toilette verbrachte, schneller ging’ s leider nicht, denn ich war ja aufgedreht wie kein zweiter, und danach wieder auf die Terrasse kam, hörte ich gerade noch eine von Karins Freundinnen zu ihr sagen: "Wo hast Du denn deinen neuen Freund gelassen?". "Der ist am Klo, glaube ich! Ah, da kommt er ja.". Wie ein siegreicher römischer Feldherr hob ich die rechte Hand und versuchte möglichst lässig zu sein: " Manchmal will er eben nicht so wie ich, aber es gibt nichts was nicht mit der Zeit bewältigt werden kann.".

Ich rettete die äußerst peinliche Situation gerade noch einmal so. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen. Ein paar von Karins Freundinnen beschlossen einen "romantischen" Nachtspaziergang zu machen. Ich nahm die Karin in den Arm und wir "tukelten" gemächlich hinter den Anderen her. Der schönste Spaziergange den ich bis heute in meinem Leben gemacht habe, das könnt ihr mir glauben. Mit der eigenen Freundin einen Nachtspaziergang zu machen ist ein coole, nein, eine romantische Sache, ihr solltet es unbedingt einmal mit eueren Freundinnen machen, denn es ist etwas sehr schönes. Ich erzählte mir ein paar Sachen von mir, auf deutsch, wir kamen uns schön langsam näher. Auch der schönste Spaziergang geht einmal zu Ende. Um Mitternacht gab es dann noch Sekt, denn die Party war so ausgelegt worden, daß in den Geburtstag der Zwillinge hineingefeiert wurde. Die Karin hatte schon gut einen in der Krone. Sie hatte zuvor schon drei Flaschen Bier und Eckes getrunken. Jetzt noch Sekt, mein lieber Schwan, die konnte saufen das es nicht mehr lustig war. Für einen Nichtalkoholiker wie ich es bis dato war, waren 3 Bier ganz schön viel. Aus heutiger Sicht sind 3 Bier nicht mehr allzu viel. Leider verging die letzte Stunde wie im Flug. Eh ich mich verschaute, war es ein Uhr und wir, d.h. die Karin und ich, wurden von ihren Eltern abgeholt. Ich stellte mich kurz vor und wir fuhren los. "Wo sollen wir dich denn hinbringen?". "Zum Rathausplatz wenn’ s geht denn dort steht noch mein Fahrrad.". Leider machte ich einen großen Fehler. Ich Depp, muß ich schon sagen, erzählte ihren Eltern, daß meine Eltern für 14 Tage im Urlaub waren. Ich hatte den Eindruck, daß ihren Eltern das nicht so ganz zu passen schien. Sie wollten mich sogar nach Hause fahren, aber ich lehnte dankend ab. Ich lasse mein Fahrrad doch nicht eine Nacht in der Stadt stehen, denn wie könnte ich den sonst am nächsten Morgen einkaufen. Bei uns fährt genau sieben mal der Bus. In der Früh um halb acht, um halb zwölf, um viertel nach zwölf, um ein Uhr, um halb vier, um halb fünf und um halb Sechs - echt genial. Ich wurde am Rathausplatz abgesetzt, verabschiedete mich, sperrte mein Fahrrad auf und fuhr glücklich nach Hause. Zu Hause angekommen stürmte ich in meinen Keller, legte die "Good Morning Vietnam" CD auf, drehte den Verstärker voll auf und ließ das Lied "I feel good" auf Dauerwiederholung abwechselnd mit dem Lied "Wonderful World" laufen. Wie ein Geisteskranker rannte ich durch das Haus. Dabei rannte ich im Klo aus versehen unsere Keramik-Klo-Ente um. Ich hatte der Ente den Kopf abgebrochen, aber das war mir total egal. Es war der helle Wahnsinn. Ich jubelte, ich schrie, ich sang bei den Liedern mit, ich fühlte mich wie ein Kaiser oder der Avatar, um der Steigerung der Stimmung von heute Morgen Ausdruck zu geben, kurzum: ich war der glücklichste Mensch auf Erden. Nachdem ich erschöpft die Musik ausgeschaltet hatte, mich in mein Zimmer geschleift hatte, schaltete ich den Computer ein. Ich machte eine Aufnahme mit meiner Soundkarte mit folgendem Wortlaut: "Heute ist der 2. August 1994 und es ist 1:47 Uhr. Ich Harald Heckl habe der Welt etwas mitzuteilen. Ich habe meine erste Freundin. Find’ ich cool, echt. Oder wie’ s der Sturmi sagen würd’: "Ein echter Klassiker!".". Schlafen konnte ich lange nicht, weil ich nur noch an sie dachte und vor allem freute ich mich auf Mittwoch, denn da wollten wir ins Kino.

Am nächsten Morgen wurde ich schon sehr früh wach. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Für meine Verhältnisse stand ich früh auf. Es war halb zehn. Gleich stürmte ich zum Telefon und verkündete dem Sturmi, dem Dennis und dem Rest meiner Freunde die frohe Botschaft. Ich kam mir vor wie im Traum. Am Nachmittag besuchten mich der Dennis, seine Freundin Lilli und dem Michi. Wir lasen ein paar lustige Hefte über heißen Sex im Urlaub. Man möchte es nicht für möglich halten, was alles abgedruckt wird. Vom Sex im Flugzeug bis hin zum Nacktbad mit dem Unbekannten am Strand wurde echt alles beschrieben. Kurz vor Mitternacht brachte der Dennis die Lilli nach Gerolfing. Ich begleitete die beiden erstens, damit der Dennis nicht alleine zurück zu mir fahren mußte und zweitens, der Hauptgrund, wollte ich wissen wie das Haus der Karin von außen aussah. Ich ließ das Pärchen allein und radelte zum Ortsanfang von Gerolfing. Ich wußte genau wo die Karin wohnte. Es war leicht zu finden. Ich bog zweimal in die Erste von rechts ab uns stand dann praktisch schon vor dem Haus. Ich setzte mich auf den Randstein vor ihrem Haus. Licht brannte um diese Uhrzeit keines mehr. Ich überlegte hin und her, welches dieser Fenster wohl ihres war. Das Haus hatte einen Balkon zu dem zwei Türen führten. Sie hatte mir erzählt, daß sie eine Tür zum Balkon hatte. Also mußte eines der Fenster ihr gehören. Ein warmes Gefühl überkam mich, es muß wohl an der Temperatur dieser warmen Sommernacht gelegen haben. Ich stellte mir vor, wie sie dort oben in ihrem Bett liegt und schläft. Eine süße Vorstellung. Nach einiger Zeit erhob ich mich vom Boden, schlich zu meinem Fahrrad denn ich hatte es etwa 50 Meter vor ihrem Haus stehen gelassen, um keinen Lärm zu machen. Auf dem Weg zur Bushaltestelle, unserem vereinbartem Treffpunkt, traf ich den Dennis: "Na, wie war’s?". "Cool, wohnt sie in einem schönen Haus?". "Ich finde schon, ein nettes Haus mit einem noch netteren Mädchen.". Wir sprachen nicht viel auf dem Nachhauseweg, weil seine Gedanken ganz wo anders waren, und wo die meinen waren, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden. Kaum bei mir, fuhren der Dennis und der Michi nach Wettstetten, weil sie dort wohnen. Ich guckte noch ein wenig in die Röhre, denn ich wollte noch nicht ins Bett, ich wollte meine wohlverdienten Sommerferien genießen. Der nächste Mittag brachte für mich die Erkenntnis daß Duplo, Vanilleeis und Cola auf Dauer nicht satt machen, also ging ich einkaufen. Nudeln, fertige Bolognese-Sauce und ein neues Computerheft. Nach dem Essen wurde ich das komische Gefühl nicht los, daß ich einen Fehler beim Kochen gemacht hatte. Ich hätte es wissen müssen. Nudeln die länger als 20 Minuten kochen werden nun einmal klebrig und sehen nach dem Abtropfen aus wie Brei. Die Küche dagegen sah aus wie ein Schweinestall, kein Wunder, wenn man alles in die Spüle stellt was einem in die Quere kommt. Zum Glück wußte ich wie ich den Geschirrspüler bedient, sonst hätte ich die letzten eineinhalb Wochen bis meine Eltern wieder kamen vom Boden Essen müssen. Wieso Boden? Ich darf doch ehrlich sein, oder? Der Boden war sauberer wie die Teller.

Kurz nach zwei klingelte es an der Haustür. Es war mein neuer Liebling. Da wir bis zum Kino noch ein wenig Zeit hatten, kam sie noch kurz herein. Gut gelaunt und mit einem Lächeln begrüßte sie mich. Ihr dürft mir glauben, ich habe nicht weniger gestrahlt. Wenn es Nacht gewesen wäre, hättet ihr mich als Straßenlaterne aufstellen können. Eine Stunde später kuschelte sie sich im Kino ganz fest an mich. Der Film war echt ein Schnulze wie sie im Buche steht. Soviel Schmalz produziert eine Molkerei nicht an einem Tag, was da in knapp zwei Stunden von der Leinwand tropfte. Dann fing sie auch noch an zu weinen, die Lilli übrigens auch, denn sie war mit dem Dennis im gleichen Film. Kein Zufall, nein, wir hatten es am Vortag so ausgemacht. Was ich so mitbekam hatte der Dennis seine Lilli oft geküßt, wer aber nun meint, meine Freundin hätte mich geküßt, der liegt leider falsch. Die meine konnte anscheinend nur heulen und saufen. Zum Schluß küßten sich die zwei Hauptdarsteller des Films. Auf meine Frage hin "Meinst Du, wir können das auch?", bekam ich zur Antwort ein "Ich weiß nicht!". Genau so hatte ich es mir immer vorgestellt. Eine Freundin die sich ins Kino einladen läßt, von der man aber kein Bussi bekommt, nicht einmal einen Kuß auf die Wange. Nach dem Film gingen wir noch zum Horten. Ich brachte meinem Schwarm einen Kuchen und einen Kaffee. Diese Edelschnulze schien ihr nicht ganz bekommen zu sein. Ich weiß nicht, was an diesem Film so herzerweichend war. Der Hauptdarsteller starb nicht, alle Probleme wurden gelöst und es gab ein Happy End, fast wie im richtigen Leben. Ehrlich, ich wurde aus ihrem Verhalten nicht schlau.

Selbstverständlich brachte ich sie noch nach Hause. Ich versprach ihr heute Nacht um ein Uhr bei ihr zu sein, zum "Fensterln" sozusagen. Anfangs schien sie es mir nicht zu glauben, ich versicherte ihr aber, daß ich kommen würde. Mit einem netten "Bis nachher!" lieferte ich sie pünktlich zur Sperrstunde um sieben Uhr Abends zu Hause ab, und verabschiedete mich von ihr. Die nächsten Stunden vergingen wie im Flug. Ehe ich mich versah, war es Zeit um aufzubrechen. Mein Walkman wurde an den Gürtel gehängt, Ersatzbatterien in die Tasche geschoben und auf ging’ s. Kurz vor der Ortseinfahrt blickte ich zufällig zu ihrem Balkon. Genau in diesem Moment ging in ihrem Zimmer das Licht an. Allerdings war es erst kurz vor eins. Zweimal rechts abgebogen und ich befand mich in der richtigen Straße, zwar nicht auf der Straße nach Süden, denn da hätte ich vermutlich Tony Marshall getroffen, sondern der Straße die zu meinem Schatz führte. Mein Fahrrad stellte ich wie schon am Tag zuvor hinter einen Baum. Danach hockte ich mich neben einen kleinen Busch der in einem kleinen Vorgarten auf der gegenüberliegenden Seite ihres Hauses war. Es war eine warme Mondnacht. Der Busch warf einen Schatten da ihn der Mond anleuchtete. Ich mußte mich noch eine ganze Weile gedulden bis ich sie endlich zu Gesicht bekam. Sie tapste vorsichtig über den Gehweg und schaute suchend in die Richtung aus der ich gekommen war. Mein Fahrrad konnte sie nicht sehen, weil es hinter dem Baum stand. Mich konnte sie auch nicht sehen da im Schatten des Busches saß. Ich beobachtete sie kurz. Offensichtlich bitter enttäuscht sah sie die Straße entlang. Sie war so süß. Ich konnte sie nicht länger warten lassen. Ich pfiff ihr und winkte mit meiner Hand. Erst jetzt sah sie mich. Sie setzte sich nach einer netten Begrüßung gleich neben mich. "Wartest Du schon lange?". "Gute 20 Minuten.". "Tut mir leid, aber mein Eltern haben ihre Schlafzimmertüre nicht zu gemacht. Deshalb habe ich ein bißchen länger gebraucht.". "Ist schon in Ordnung, jetzt bist Du ja da.". Eine ganze Stunde blieb ich bei ihr. Sie fing an zu frieren, als ich mich auf den Zurückweg machte. Moment, fehlt da nicht etwas? Nein, sie hatte mir wieder keinen Kuß gegeben. Es war zwar schön bei ihr gewesen zu sein, aber enttäuscht war ich schon ein wenig, denn ein Bussi hätte ich schon gerne bekommen. Am Donnerstag und am Freitag legten wir eine schöpferische Pause ein. Dafür kam der Puri mit seinem Computer. Wir machten eine Doom-Link-Session. Für diejenigen unter euch, die sich nicht mit Pcs auskennen bedeute das folgendes: wir verbanden unsere Beiden PCs mit einem Nullmodemkabel, um gegeneinander an 2 verschiedenen Pcs spieleln zu können. Seine neue Soundkarte, die übrigens ich auf meinen Namen für ihn bestellt hatte, war zufällig am gleichen Tag gekommen. Diese Soundkarte wurde eingebaut und seine alte Soundkarte bekam ich. Unsere Nachbarn müssen sich auch ihren Teil gedacht haben. Weil es so heiß war, stellten wir unsere Pcs in den Keller. Im Hobbyraum steht, wer mitgedacht hat weiß, daß mein Hobbyraum ein Partykeller ist, meine Stereoanlage. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, die Soundblaster an die Anlage anzuschließen und etwas lauter aufzudrehen. Die digitalen Sounds über den bis zum Anschlag aufgedrehten Lautstärkeregler waren dermaßen laut, das wir leiser stellen mußten. Ich öffnete die Fenster und ging in den Garten. Von draußen hatte man den Eindruck wir würden Menschen massakrieren. Vor allem das "Finish him", Computerfreaks wissen was ich meine, klang von draußen sowas von brutal, es ist ein Wunder, das sich niemand über den Lärm beschwert hat. Vielleicht hat sich jemand beschwert, aber wir haben ihn ganz bestimmt nicht gehört. Bis zum Morgegrauen spielten wir Computer. Wißt ihr, was ihr unbedingt mal machen müßt, wenn ihr wieder total übernächtig Computer spielt? Nein? Hier kommt die Antwort: Ihr müßt ein Stroboskop einschalten. Und da soll noch einer behaupten, wir würden die Epelepsiewarnungen die den Computerspielen beiliegen, nicht ernst nehmen. Nach einer gewissen Zeit bekommt man von der Umwelt gar nichts mehr mit, außer das sich alles dreht.

Mitten in der Nacht sollte ich die Karin dann abholen. Mühsam quälte ich mich aus dem Bett und lies den Rollo hoch. Die Morgensonne blendete mich, obwohl mein Fenster nach Westen geht. Da ich schreiende Menschen aus dem Keller hörte wußte ich, das der Puri auch schon auf wahr. Nach einer erfrischenden Dusche machte ich auf den Weg zu meinem Engel. Um zehn Hatte ich mich mit ihr bei ihr verabredet. Ein Pünktlichkeitsvernatiker wie ich nun einmal bin, kam ich um halb elf. Ihre Eltern und ihr Bruder waren beim Einkaufen in der Stadt. Wir schnappten uns ein Photoalbum, was heißt eines, sie hatte mindestens ein halbes Dutzend, kuschelten uns aneinander und guckten gemeinsam ihre Kinderbilder an. Sie war als Kind schon ein kleiner süßer Spatz, zwar nicht so hübsch wie heute, aber trotzdem fesch. Wir lehnten gerade so richtig schön aneinander als ihre Eltern aus der Stadt zurück kamen. So schnell konnte ich gar nicht schauen, war sie schon einen halben Meter weg von mir. Gerade noch rechtzeitig wie mir schien. Sie hatte gerade das Album auf den Tisch gelegt als sich die Wohnzimmer öffnete. Mit einem Blick wie bei der Musterung in der Armee, blickten mich die Augen ihrer Eltern an. Jetzt verstand ich den Sicherheitsabstand. Diese Eltern schienen auf ihre Tochter aufzupassen wie ein Schäferhund auf seine Schafherde - enorm. Mit einem freundlichen Gesicht sagte ich zu ihren Eltern "Grüß Gott.". Die Gedanken des Vaters konnte ich förmlich an seinen Blick erraten, obwohl er lächelte. "Das ist also der neue Freund meiner Tochter bei Tageslicht. Wenn der Typ ihr in irgendeiner Form zu nahe kommt, dann leg ich ihn um!". Ich war so erleichtert als die Karin mich am Arm packte und in ihr Zimmer schleifte. Sie brauchte nicht viel zu sagen, ich wußte auch so was los war. Spießige Eltern die glauben ihre Tochter sei ein Unschuldsengel und nur der böse Freund bringt sie auf dumme Gedanken. Dieser Eindruck mußte unbedingt gewahrt werden. Nach einer gemütlichen Stunde auf der Couch in ihrem Zimmer machten wir uns langsam auf den Weg zu mir. Das Wetter hatte sich verschlechtert. Wolken waren aufgezogen und es war merklich kühler als heute früh. Es sah stark nach einem Gewitter aus. Lange hatte sie leider nicht Zeit an diesem Samstagnachmittag, weil sie mit ihrer Mutter noch irgendwo hinfuhr. Ursprünglich wollten wir Schwimmen gehen, aber Madame muß ja ihre Tage bekommen und kann deshalb nicht ins Wasser gehen. Ich frag’ mich bloß, warum die in der Werbung immer dann Baden gehen, wenn sie ihre Tage haben. Muß wohl reiner Zufall sein, oder die Hersteller von diesen Dingern wollen uns sagen, daß man mit diesem Produkt auch ins Wasser gehen kann, wenn man seine Tage hat. Können tut man ja viel, O.b. ‘s sinnvoll ist, ist die andere Frage. (Für meine Werbung werde ich übrigens nicht gesponsert.)

In meinem Zimmer machten wir es uns auf meinem Bett bequem. Ich holte ebenfalls ein Photoalbum von mir, es war zwar nur eines, aber eben besser als keines. Langweilige Babyphotos, Photos von meiner Eisenbahn, meiner Kommunion, meiner Handballmannschaft, meiner Schulklasse und vielen anderen Dingen. Im Vergleich zur Karin hatte ich so gut wie keine Photos von mir. Die zwei Stunden vergingen leider viel zu schnell für mich. Ich brachte sie sogar wieder nach Hause, obwohl es stark nach Regen aussah, denn ich wollte einfach so lange wie möglich mit ihr zusammen sein.

Wieder Daheim wurde gleich fleißig weiter Computer gespielt, doch mit den Gedanken bei meiner großen Liebe, verlor ich fast alle Spiele gegen den Puri. Es war mir egal, denn ich hatte einen Sieg errungen, nicht für meinen Stolz, sondern für mein stark angekratztes Selbstvertrauen, aber vor allem für mein Herz. Der weitere Samstag verlief ohne weitere Zwischenfälle: keine Stromausfälle, keine Computerabstürze, keine Rechenfehler, weil wir nur 486ger hatten, und kein Regen (der sollte aber noch kommen). Am Abend wurde der Puri von seiner Mama abgeholt und ich verabredete mich mit dem Sturmi in der Stadt. Ein gemütlicher Sommerabend im Regen, aber Hauptsache es war lustig. Jetzt konnte der kleine Harry auch mitreden, in den Gesprächen über die so unglaublich bösen Mädchen. Ich konnte nichts dagegen sagen, denn meine negativen Erfahrungen mit den Freundinnen bzw. Ex-Freundinnen, sollten noch recht lange auf sich warten lassen.

Wie ein wilder freute ich mich schon auf den Dienstag, denn die Karin wollte bei mir Mittagessen. Ausnahmsweise einmal pünktlich wartete ich am Dienstag beim Supermarkt auf meine Freundin, so wie wir es am Abend vorher am Telefon ausgemacht hatten. Nachdem wir uns Ananas, Scheiblettenkäse, Toast und Schinken gekauft hatten, machten wir uns bei mir Hawaiitoast. Für mich machte ich 5 und für sie 3. Seit diesem Tag hatte ich bei ihr meinen Ruf als "Vielfraß" weg. Ganz ehrlich, ich finde es nicht schlimm 5 Hawaiitoast zu essen. So schrecklich viel ist es auch wieder nicht, aber ihr wißt ja, Frauen: "Ich bin so fett.". Aber wehe man sagt dann, daß es stimmt, daß sie fett sind, dann schnappen sie wieder ein und sind einem zu tiefst beleidigt. Ihr braucht mir nichts zu erzählen, das habe ich alles schon erlebt.

Ursprünglich sollte es ein gemütlicher Fernsehnachmittag werden, doch wir schauten uns "Dirty Dancing" an, weil ich diesen Film noch nicht gesehen hatte. Glaubt mir, es reicht völlig ihn einmal gesehen zu haben. So um fünf kamen dann der Flo mit der Verena und der Dennis mit der Lilli vorbei. Gott sei Dank kamen sie erst am Abend, sonst hätte ich den Rest von diesem Tanzfilm, in dem diese tolle Romannze eingebaut war, gar nicht sehen können. Meiner Meinung nach ist der Film "Das Leben des Brian" auch nach dem zwanzigsten mal anschauen immer noch gut, und so einigten uns wir sechs darauf, ihn anzuschauen. Normalerweise hätte die Karin vor dem Abendessen Zuhause sein sollen, aber ein Gewitter machte es uns leider unmöglich mit dem Rad zu fahren. Wir mußten also etwas länger als geplant bei mir bleiben, so win Pech aber auch.

Als der Dennis seine Lilli wieder einmal küßte dachte ich mir auch: "Jetzt oder nie!". Die Reaktion von ihr war mir in diesem Moment so egal, so daß ich mich über sie beugte, sie lag auf meinen Oberschenkeln, und ihr einfach einen langen Kuß gab. Der erste Kuß von einem Mädchen ist etwas ganz besonderes, zumindest war er es für mich, denn die Welt um mich schien still zu stehen. Sie reagierte so wie ich es gehofft hatte. Sie zog ihre Lippen nicht zurück, sondern sie schloß ihre Augen, und obwohl ich meine Augen ebenfalls geschlossen hielt, hatte ich irgendwie den Eindruck beobachtet zu werden. Mein Eindruck bestätigte sich. Als ich hochfuhr blickte ich in das grinsende Gesicht von meinem Freund Dennis. Das Gesicht der Karin war nicht verärgert oder so, eher überrascht. Mein Herz hämmerte wie wild, es war ein tolles Gefühl, echt wahr.

Nach dem Gewitter brachte ich die Karin wieder zu ihren Eltern. An diesem Abend schlief ich wie ein Murmeltier, obgleich ich Ewigkeiten lang nicht schlafen konnte. Am Mittwoch hatte mein "Knuddelbärle" leider keine Zeit, aber dafür war ein Abendessen bei der Verena geplant. Der Flo war im Urlaub aber ich entschloß mich dazu trotzdem hinzugehen, da ich schon lange nichts vernünftiges mehr gegessen hatte. Es gab Gemüselasagne. Ich muß zugeben, daß ich zu Beginn äußerst skeptisch war. Gemüselasagne, was soll das sein? Es ist eigentlich ein ganz normale Lasagne, nur das kein Hackfleisch sondern alle Arten von Gemüse dabei sind. Eine eigenartige Geschmacksrichtung hat diese Lasagne schon, aber nicht schlecht. Ganz ehrlich, so hatte ich mir schon lange nicht mehr den Bauch vollgeschlagen. Diese Lasagne ist echt was feines, daß sie ohne Fleisch ist, hätte ich mir gleich denken können, da die Verena streng vegetarisch lebt. Der Karin habe ich nie von diesem Abend erzählt, da ich Angst hatte sie könnte mir beleidigt sein. In der Pause des FC Bayernspiels, es war an diesem Abend ein Fußballspiel im Fernsehen, rief ich sie an, denn ich wollte mindestens einmal am Tag von ihr hören. Es tat richtig gut ihre Stimme zu hören. Ich konnte leider nicht lange telefonieren, da ich von der Verena aus anrief. Darüber hinaus habe ich mit der Karin selten länger als 10 Minuten telefoniert, sie war eben kein Freund von langen Telefonaten.

Der weitere Verlauf des Abends brachte für mich die Erkenntnis das ich ein echter Verlierer bin. Gesellschaftsspiele, wie ich sie liebe. Es ist immer das gleiche. In "Mensch ärgere Dich nicht" zum Beispiel. Ich habe ein Männchen vor dem Haus und es kann mir nur jemand gefährlich werden wenn er 2 sechser und einen dreier würfeln würde. Was passiert? Irgend so ein netter Mensch wirft eine sechs, dann noch eine sechs und zum Schluß noch einen dreier. "Oh Harry, hab ich dich geschmissen". "Sehr witzig, echt". Alle lachen und ich schau wie immer blöd, weil ich noch keinem im Haus habe und die Anderen schon zwei oder drei. Ein anderes Beispiel ist "Spiel des Lebens". Bei meiner Version des Spiels ist es so, daß man das große Geld in den Feldern nach der Zollbrücke macht. Ich komme wie immer als letzter dort hin. Kaum habe ich die Zollbrücke passiert, würfle ich zwei zehner hintereinander und meine "hart verdienten Millionen" laufen ganz schnell an mir vorbei. Lustig, echt. Die meisten der Anderen mußten schon um Mitternacht Heim, weil ihre Busse danach nicht mehr gehen. Ich hatte viel Zeit, denn erstens war ich mit dem Fahrrad da, und zweitens vermißte mich Zuhause sowieso niemand. Ich unterhielt mich mit der Verena über den Flo, über die Schule, über weitere Vorhaben in den Ferien und sonst noch so allerlei Zeug. Ein netter Abend auch wenn meine Maus nicht dabei war. Um zwei in der Nacht fuhr ich nach Hause.

"In drei Tagen kommen deine Eltern wieder nach Hause", dachte ich, als ich am Donnerstagmorgen aufwachte. Wie gewöhnlich stand die Sonne schon wieder sehr hoch als ich meinen Rollo öffnete. Was stand heute noch gleich auf dem Programm? Ach ja, ins Kino mit der Karin. Welcher Film? Egal, Hauptsache mit ihr. Sie kam ziemlich spät, soweit ich mich erinnern kann, kurz vor halb drei. Wir radelten so ins Kino als sie mir unterbreitete, daß wir in den Film "Beverly Hills Cop III" gehen. "Schön das ich auch mitbestimmen darf in welchen Film wir gehen", dachte ich mir. Mir war´s recht, denn ich wollte auch diesen Film sehen. Im Kino geschah genau das, was ich mir immer schon einmal vorgestellt hatte. Meine Gedanken waren nicht beim Film sondern bei meinem Mädchen. Ein toller Kinobesuch, viel geküßt, wenig vom Film mitbekommen. Vor lauter Begeisterung habe ich mir nach dem Film noch den Soundtrack dazu gekauft. Nicht den zum dritten Teil, sondern den zum ersten Teil und nur wegen dem Lied "Axel F".

Dieses Lied ist cool, aber noch cooler war es mit der Freundin Arm in Arm durch die Stadt zu schlendern. Nach unserem gemeinsamen Stadtbummel fuhren wir noch auf eine Stunde zu mir. Wir machten es uns in meinem Hobbyraum gemütlich. Die Stimmung war nicht die Beste, nicht das wir Krach gehabt hätten, aber wir sollten uns für die nächsten vierzehn Tage nicht sehen, da sie mit ihren Eltern zum Bergsteigen in die Berge fahren sollte. Zwei lange Wochen, ohne meine Freundin, eine schrecklich Vorstellung. Wir kuschelten uns auf der Couch aneinander als sie zu Heulen anfing. Bis heute weiß ich nicht warum sie das Weinen angefangen hat, sie wollte es mir nicht sagen. Ich nehme jetzt einfach mal an, daß sie mich zu dieser Zeit echt gerne mochte, und geweint hat, weil sie von mir weg mußte. Ich hoffe, daß es an mir lag und nicht an etwas anderem. Auch für mich war es nicht leicht vierzehn Tage ohne sie zu sein, aber es mußte irgendwie gehen. Am Freitag war bei mir eine große Party angesetzt, sie konn

te leider nicht kommen, da sie in der Nacht von Freitag auf Samstag in den Urlaub aufbrach. Es kamen die selben Leute wie immer. Knappe 20 Leute waren gekommen, wenn ich mich nicht verzählt habe. Der nette Florian beehrte uns so gegen acht Uhr mit einer kleinen Gesangseinlage, weil er eine Wette gegen mich verloren hatte. Er hat mir nicht geglaubt, daß es ein "Word für Windows 6.0" gibt. Also wetteten wir, daß derjenige von uns beiden der Unrecht hat, auf der nächsten Party sich vor allen Freunden und Bekannten aufs Dach zu stellen hat und "Vom Himmel hoch da komm ich her" singen muß. Singen kann unser Florian nicht sehr gut, deshalb hat ihm der Gerhard wahrscheinlich auch einen Eimer Wasser von hinten drübergeschüttet. Von dieser Party haben wir sogar ein Video gedreht. Man sieht und hört den Flo sehr schön beim singen. Man sieht auch wie der Michael B. gut angeheitert in der Gegend umherirrt, später hat er dann fünf mal seinen Mageninhalt im Bett verstreut. Aber die Party war echt gut, viel Alkohol, viel Spaß, noch vier Wochen Ferien und die Freude darüber, daß meine Eltern Morgen wieder nach Hause kamen. So kurz vor zwölf nahm ich mir den Basti und den Gerhard und ich fuhr mit ihnen nach Gerolfing. Warum? Ist doch klar. Ich konnte doch meine inzwischen stark ans Herz gewachsene Freundin nicht einfach so in den Urlaub fahren lassen. Wie abgemacht wartete ich auf sie. Ich war überpünktlich. Die anderen zwei schickte ich auf Erkundungstour, damit ich mit ihr allein sein konnte. Sie erzählte mir wohin sie in den Urlaub fahren wird und ab wann sie wieder zu Hause ist. Ich wußte ich würde sie vermissen, denn ich hatte dieses Mädchen verdammt gern. Ich habe keine Ahnung, wie so oft halt auch, aber sie wollte unbedingt wissen wie lange unsere Beziehung hält. Ich antwortete einfach nur: "Lang, sehr lang." Ich gebe euch einen Tip: küßt auf gar keinen Fall ein Mädchen das Stunden zuvor einen Mexicana Salat gegessen hat, weil man kann danach nicht mehr hundertprozentig feststellen ob es ein Chef oder ein Mexicana Salat war. Nur für den Fall, daß einer von euch die eine oder andere Salatgeschmacksrichtung nicht mag. Ich gab ihr noch das Photo aus meinem Busausweis, wenn sie es nicht Zuhause vergessen hätte, dann hätte sie im Urlaub ein Photo von mir gehabt. So mußte sie wohl oder übel vierzehn Tage ohne ein Photo von mir auskommen, war bestimmt nicht leicht, aber ich hatte ja ein Photo von ihr. Inzwischen waren der Basti und der Gerhard von ihrer Erkundungstour wieder zurückgekehrt. Ich nahm die Karin noch einmal in den Arm bevor sie langsam zurück zu ihrem Haus trottete. Ich sah ihr nach. Es klingt vielleicht ein bißchen komisch, aber was ich dort laufen sah, war für mich all das, wofür ich in den letzten zwei Wochen gelebt hatte, wofür ich seit den Osterferien abgenommen hatte, auch wenn ich sie an Ostern noch gar nicht gekannt habe. Ich sah ein Mädchen welches mir gut gefiel und das ich zu lieben begann. Ich sah mein Mädchen. Ich freute mich heute schon auf den Tag an dem sie wieder bei mir sein würde, allerdings sollte dies erst in vierzehn Tagen der Fall sein. Bis dahin stand ja einiges mit meinen Freunden auf dem Programm. Der Karin hatte ich allerdings versprochen, daß ich drei Kilo abnehme in dem Zeitraum, indem wir uns nicht sehen, sie wollte zwei abnehmen, als Liebesbeweis sozusagen. Als meine Eltern die Tür aufsperrten war ich natürlich Zuhaue, es wär nicht so toll "gekommen", wenn ich nicht da gewesen wäre. Außerdem wo hätte ich denn hin sollen, ich hatte nicht eine müde Mark mehr. 1100 DM in vierzehn Tagen auf den Kopf hauen, ist eine meiner besten Glanztaten bis jetzt. Mein Vater glaubt bis heute, daß ich nur 500 DM ausgegeben habe, er weiß nicht, daß mir meine Mutter noch zusätzlich 600 DM auf mein Konto überwiesen hat. Pech für ihn, mehr Geld für mich. Die nächsten Tage schienen überhaupt nicht zu vergehen. Sie schienen förmlich still zu stehen. Eines Morgens wurde ich von meinem Radiowecker ausnahmsweise einmal sanft aus dem Schlaf gerissen. Auf einmal bemerkte ich den Song der da aus dem Lautsprecher kam. "It’ s now or never" von Elvis. Genau dieses Lied habe ich gebraucht. Einen Lovesong. Das Mädchen hunderte von Kilometern mit irgendwelchen Engländern am Strand von einem Alpensee, und Du hockst rum, vergehst vor Sehnsucht nach ihr, und dann noch eines der besten Liebeslieder überhaupt. Eine Stunde später hielt ich die eben gekaufte Elvis-CD in Händen. Natürlich mit dem Lied "It’ s now or never". Um noch einmal auf den Alpensee zurück zu kommen. Warum mit irgendwelchen Engländern? Nun, weil sie es mir aus dem Urlaub geschrieben hat. Nett, gell. "Ich habe schon nette Bekanntschaft mit zwei jungen Engländern gemacht." Wenn ich euch einen Rat geben darf, erzählt eueren Freundinnen bitte nie, daß ihr sehr leicht eifersüchtig werdet. Mädchen nutzen diese Tatsache sehr gerne aus, zumindest hat es meine Karin sehr oft bei mir gemacht. Gott, dafür hätte ich sie jedesmal umbringen können. Allein die Vorstellung sie könnte einen Anderen lieber mögen als mich, machte mich total krank. Als ich mit dem Sturmi mal wieder im Biergarten saß, kamen wir natürlich auch auf das Thema Freundin zu sprechen. Er meinte: "Du Harry, ich sag’s Dir, wenn die meine in den nächsten paar Wochen mit mir Schluß machen würde, dann wäre ich total am Ende, weil ich mag die Sigrid echt voll gern.". "Hee, Sturmi, ich weiß genau was Du meinst, wenn die meine mit mir Schluß machen würde, wäre ich auch echt fertig mit der Welt." Den Zustand "Fertig mit der Welt" sollte ich noch früh genug kennen lernen. Aber das sollte noch ein wenig Zeit haben. Ach, nur noch ein paar Tage und sie würde wieder Zuhause sein, mein Knuddelbärle. Sie hat mir zwei Postkarten aus dem Urlaub geschrieben und mich ein paar mal angerufen. Einmal hätte ich meinen Vater beinahe erschlagen. Sie ruft mich an, weil es ausgemacht war, und mein Vater sagt ich wäre mit meinen Kumpels fort, obwohl ich nur beim Einkaufen war. Schade, aber so sind die Erwachsenen halt, nur weil sie selbst aus dem Alter raus sind, tun sie so als wären sie nie jung gewesen und denken nicht darüber nach, ob der Sohnemann nicht vielleicht auch Gefühle haben könnte. Am Sonntag, der Tag bevor sie nach Hause kommen sollte, kamen noch der Olli und der Frank zu mir. Ihre Namen mußte ich verändern, da sie nicht mit ihren Namen erwähnt werden wollen. Wie abgemacht kamen die zwei mit einem Computer zu mir. Wir machten wie schon desöfteren eine Doom-Link-Session. Der Olli ist ein stämmiger Kerl mit dunkelblonden Haaren bis zur Schulter. Am nächsten Tag rief ich natürlich bei meiner Karin an. Sofort wurde ich ziemlich dumm von ihr angeredet: "Was war denn das für ein Mädchen gestern bei Dir?". "Was für ein Mädchen, bei mir war gestern gar kein Mädchen!". Ich war schon froh daß ich eine hatte, und plötzlich wurde ich der "Vielweiberei" angeklagt. "Lüg’ mich nicht an, so eine etwas dickere mit längeren hellbraunen Haaren.". Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie ich gelacht habe. So gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Da bekomme ich einen Anschiß, weil meine Freundin den Olli mit einem Mädchen verwechselt wie er gerade seinen Computer in mein Haus trägt. Eigentlich hätte sie einen Anschiß bekommen müssen, da sie nicht gleich am Sonntag mit mir telefoniert hat. Allein die Vorstellung ist echt lustig. Fährt sie mit ihrem Onkel ins Rote Grieß und denkt zu mir kommt ein Mädchen. Jeder der mich kennt, weiß das es fast unmöglich ist mich mit einem Mädchen zusammen zu sehen. Dieses Mißverständnis wurde ganz schnell aus der Welt geschafft, und ein bißchen später brachen wir zwei, die Karin und ich, auf zu einem Picknick.

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