Kapitel XII: Das Picknick

 

 

Diesem Picknick widme ich ein ganzes Kapitel, weil es für mein weiteres Leben nicht ganz ohne Bedeutung ist. Es ist nicht zuletzt ausschlaggebend für meine guten Noten in der elften Klasse, oder für die Vorwürfe die ich mir mache. Ich gebe zu, ich habe einen Fehler gemacht, ich kann ihn aber nun leider nicht mehr rückgängig machen, egal wie sehr ich mich anstrenge, ich kann es nicht. Die einzige Person die es machen könnte redet seither nicht mehr mit mir.

Kurz nach halb zwei kam ich bei meiner Karin an, wie schön war es doch sie wieder zu sehen. Zwei Wochen ohne sie, es waren zwei harte Wochen die ich erlebt hatte, obwohl ich auch in dieser Zeit meinen Spaß gehabt habe. Viele meiner Freunde haben sich über mich lustig gemacht und gemeint: "Harry, weißt Du was, die kommt nach Hause und hat einen Neuen!". Soweit ich informiert war, hatte sie keinen, allerdings stützt sich dieses Wissen auf die Angaben meiner Freundin. Wenn also jemand eine echt Antwort haben möchte, müßte er schon zu ihr. Ich glaube ihr jetzt einmal, daß sie brav gewesen ist im Urlaub. Nach einer kurzen Begrüßung der Eltern nahmen wir den Korb mit den Fressalien und fuhren in den Gerolfinger Eichenwald, genauer gesagt zur 1000jährigen Eiche. Personen die mich näher kennen, und wer tut das inzwischen nicht, werden jetzt ganz laut Aufschreien und sagen: "Bitte nicht Harry, nicht schon wieder." Eben dieser Ausflug war und ist es, an den ich heute nur noch mit Schrecken zurückdenke. Hier liegt der Grundstein für die vielen Überlegungen die ich in der letzten Zeit gemacht habe, und doch zu keinem Ergebnis gekommen bin, außer, daß ich ein riesen Idiot gewesen bin. Bis zum Tag der völligen Vernichtung ist aber noch einige Zeit hin, deshalb immer alles schön der Reihe nach.

Wir hatten uns viel zu erzählen, vor allem wollte ich über die Sache mit den Engländern genauer informiert werden. Es war schön mit ihr die letzten warmen Sommertage zu verbringen, oder sollte ich inzwischen sagen die ersten Herbsttage, egal. Diese tolle Sache, mit seiner eigenen Freundin durch den Wald zu radeln und einen Punkt anzusteuern, an dem man ein Picknick macht, kann einem, sprich mir, auch zum Verhängnis werden.

Ihr solltet das auch einmal machen, wenn ihr in der Nähe von Ingolstadt wohnt, könnt ihr ja auch zur 1000jährigen Eiche fahren. Dort ist es romantisch und man hat seine Ruhe. Leider etwas zuviel Ruhe wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Nach einer knappen halben Stunde erreichten wir unser Ziel. Ich war lange nicht mehr hier gewesen. Ich erinnere mich mit meiner Grundschulklasse einmal einen Wandertag dorthin gemacht zu haben. Wir stellten unsere Fahrräder ab und ich breitete die Deck auf dem Boden aus. Wie immer hatte ich meine Cola dabei. Ein Tag ohne Cola ist wie ein Tag ohne Sonne, zumindest für mich. Was dem einen sein Bier, ist dem Heckl sein Cola. Allerdings finde ich in letzter Zeit Bier auch sehr gut. Ich önnte meinen Spruch ein wenig ausweiten und zwar: "Ein Wochenende ohne Rusch ist wie ein Tag ohne Cola.". Kaum saßen wir auf der Deck machten wir es uns auch schon bequem. Wir legten uns hin und ich nahm sie in den Arm. Da lag sie nun, neben mir: Mann, ich hatte sie vermißt, das wurde mir erst jetzt so richtig bewußt. Es war ein echt gemütlicher Nachmittag. Die Sonne hatte noch genug Kraft (klingt wieder gut geschwollen, was) die Luft auf angenehme 25 Grad zu erwärmen. Ich dachte: "Herz was willst Du mehr?". Ferien, Freundin und Picknick, aber irgend etwas schien zu fehlen. Nach einer kurzen, sehr kurzen, Bedenkzeit wußte ich was mir fehlte, nämlich ein Bussi. Leider blieb es nicht bei einem Kuß, oder gar bei mehreren, nein ich mußte es natürlich gleich übertreiben. Was ihr da jetzt hinein interpretiert bleibt ganz euch selbst überlassen, ich möchte über diese unangenehme Sache keine weiteren Worte mehr verlieren. Was heißt eigentlich unangenehm, zu diesem Zeitpunkt war es absolut nicht unangenehm. Ich hatte allerdings deshalb schon genug Ärger am Hals, und auch die schönen Sachen im Leben gehen einmal zu Ende, so auch die "Küsserei". Irgendwann wird auch die Küsserei langweilig, und man geht einen Schritt weiter. Man geht wieder mit seinen Jungs fort.

Eigentlich ein toller Nachmittag, aber ich mache ja auch aus einer Mücke einen Elefanten, also zurück zum gewohnten Erzählstil. Wir hatten noch Plätzchen und Streichkäse dabei. TUC und Philadelphia ist nicht gerade meine Geschmacksrichtung, aber ihr schien es zu schmecken. TUC mag ich schon, aber keinen Streichkäse. Egal, ich setzte mich hinter sie, lehnte mich an die besagte Eiche, und sie drückte sich an mich. Ich hielt sie fest und wir erzählten uns von den letzten zwei Wochen, wie sehr wir einander vermißt haben, oder wir kitzelten uns. Apropros kitzeln. Ich hasse es wenn mich jemand kitzelt. Ich bin anscheinend am ganzen Körper kitzlig, ganz besonders am Knie. Wenn man mich am Knie kitzelt stellt sich bei mir leider ein unerwünschter Nebeneffekt ein. Was ihr von diesem Nebeneffekt zu halten habt, bleibt euch überlassen. Ich kann euch gar nicht sagen wie sehr ich dieses Mädchen geliebt habe. Die Sachen die ich mit ihr erlebt habe, zählen zu den schönsten Erlebnissen in meinem Leben. Wie wir so unter diesem Baum saßen und uns unterhielten, miteinander schertzten, bemerkte ich gar nicht, wie schnell die Zeit doch vergangen war. Allmählich wurde es Zeit zum Aufbruch. Ich legte die Decke zusammen und spannte sie auf meinen Gepäckträger. Zurück ging’ s ein wenig leichter, weil wir Rückenwind hatten. Ich lieferte sie Zuhause ab, verabschiedete mich von ihr und fuhr zum Puri. Dort verbrachte ich die nächsten zwei Stunden mit Computerspielen. Danach brach ich auf, um mich mit dem Sturmi in der Stadt zu treffen. Ich saß am Tisch und erzählte ihm von meinem Nachmittag im Gerolfinger Eichenwald. "He, Sturmi, hast recht gehabt, sie ist neugierig!". "Ganz ehrlich Harry, das hätte mich auch gewundert, die sind alle gleich!". Ein paar von seinen Klassenkameraden haben mein Gespräch mit ihm leider mitbekommen, zumindest so halb.". "Harry, also mir wäre das zu unbequem, mit den ganzen Viechern und herumliegenden Ästen", meinte der Eine, worauf ich nur sagen konnte: "Ätsch, ich habe eine Deck dabei gehabt.". Alle haben gelacht und gemeint: "Schau Dir an Heckl an, unser alter Profi.". Ob ihr mir es nun glaubt oder nicht, ich kam mit ziemlich mies und veralbert vor. In den nächsten Tagen überlegte ich hin und her, ob ich nicht zu weit gegangen war. Sie hatte in den folgenden Tagen wenig Zeit und ging mit der Dani öfter weg. Kein Problem, sie darf ohne weiteres mit ihren Freundinnen die Nachmittag verbringen, denn ich gab wegen ihr auch nicht meine alten Freunde und Bekannten auf. Eines Nachmittags schlenderte ich durch die Stadt auf der Suche nach einem neuen Computerspiel. Natürlich hatte das Programm Lieferschwierigkeiten und ich wollte eigentlich wieder nach Hause. Ich war so in mich vertieft, das ich gar nicht bemerkt, daß auf einmal die Karin vor mir stand. Ich hätte sie beinahe umgerannt. "Hi, was ist denn mit Dir heute los, Du schaust so betrübt!". "Hi, Karin! Ich weiß nicht was Du meinst, mit mir ist alles in Ordnung!". Ich konnte ihr doch nicht sagen, daß ich mich seit Tagen fragte, ob ich nicht einen Fehler gemacht habe, noch dazu wo meine ehemalige Tanzpartnerin daneben stand. Ich versuchte sie davon zu überzeugen, daß alles in Ordnung war, aber es war gelogen, nichts war in Ordnung. Ich machte mir Vorwürfe, allerdings versuchte ich das zu verdrängen soweit es eben ging. In den darauffolgenden Tagen geschahen einige lustige Dinge. Im Grunde waren die Dinge aber nicht lustig. Das Schärfste von allen war Karins Mutter. Ich wollte mit ihr ins Kino, als uns die Mutter zu sich bat. "Ich muß mal mit euch beiden reden.". Was soviel bedeutete wie, ich muß mal mit dem Freund meiner Tochter einiges klar stellen. "Also, wie Du weißt ist die Karin noch sehr jung...". Ich antwortete mit einem Ja, auch wenn ich mir dachte: "Na ja, so jung ist sie auch wieder nicht.". ".... und ich möchte nicht das aus jugendlichem Enthusiasmus etwas entsteht, was man später bereut." Jetzt wußte ich mit einem Schlag auf was ihre Mutter hinaus wollte, sie hatte Angst ich könnte ihrer Tochter etwas tun. Die Mutter war aber noch nicht fertig mit ihrer Moralpredigt: " Schaut mich nicht so an, ihr verheimlicht doch etwas, ich seh’ s euch Zweien doch an!". Mein Gesicht könnt ihr euch natürlich vorstellen. Ich war überrascht so schnell die Sprache wieder zu finden. "Entschuldigen Sie, aber Sie brauchen nicht Angst haben, daß ich ihrer Tochter ein Kind mache, denn wir bezahlen bereits Alimente für das uneheliche Kind meines Vaters, sie brauchen also keine Angst haben, denn es reicht völlig, wenn wir für ein zusätzliches Kind bezahlen, da muß nicht noch ein Zweites hinzukommen, vor allem bin ich auch nicht scharf drauf mit 17 Jahren Vater zu werden.". Diese Antwort schien genau das gewesen zu sein, was ihrer Mutter hören wollte. Mit einem freundlichen: "Ich wollte das nur klar stellen!" entließ sie uns wieder in die Freiheit. Seit diesem Zeitpunkt fand ich die Mutter nicht mehr ganz so sympatisch, kann man sich doch durchaus vorstellen, oder? Die Karin war über die Ansprache ihrer Mutter genau so verblüfft wie ich. Wir verloren nicht mehr viele Worte über dieses Gespräch und fuhren ins Kino. Wir schauten uns "True Lies" an. Ich hatte diesen Film schon einmal gesehen als die Karin im Urlaub war. Es war an einem Freitagabend als ich ganz alleine ins Kino ging. Grund für meinen Kinobesuch war, daß der Film "Das Boot" aus rechtlichen Gründen nicht gesendet werde konnte. Seit Jahren warte ich auf die Wiederholung des ungekürzten Dreiteilers und wenn es dann endlich soweit ist, dann fällt er aus. Ich möchte diesen Film so gerne auf Video haben, aber es will halt nicht sein. Ich denke ich kann damit leben. Inzwischen vertreibe ich mir die Zeit indem ich meine Erlebnisse aufschreibe, oder ich zurückdenke an den "Sommer ‘94". Ein toller Sommer, nicht zuletzt wegen der Karin. Zugegeben, der Film war beim zweiten mal nicht mehr so spannend wie beim ersten mal, aber ich kann ihn euch getrost weiterempfehlen. Als ich meine Freundin nach dem Film wieder nach Hause brachte sagte sie zu mir: "Meiner Mutter erzähl’ ich heute auch noch was, so blöd braucht sie Dich auch nicht anreden.". Diese Einstellung gefiel mir. Aber es paßte mir trotzdem nicht. Ich fand es nicht gut, daß sie mit Mutter wegen diesem Gespräch noch einmal reden wollte. Dieses Gespräch war eine ganz neue Erfahrung für mich, ich erkannte, daß Mütter nie jung waren, oder vielleicht noch immer nicht wissen, daß es heute so lustige Sachen wie Verhütungsmittel gibt.

Bei ihr angekommen verabschiedete ich mit einem Bussi und machte mich auf den Heimweg. Die letzte Woche der Sommerferien war angebrochen und man merkte wie das Gras und die Luft am Abend feucht wurden, außerdem wurde es jetzt schon um acht Uhr dunkel. An einem dieser letzten Abende traf ich dann nach einem Besuch bei der Karin die Anke und den Dieter in der Stadt. Der Dieter ist ein lustiger Kerl den ich über den Sturmi kennengelernt habe, er ist praktisch Sturmis bester Freund. Ich setzte mich mit ihnen in ein Straßenkaffee in der Innenstadt. Wir plauderten über den vergangenen Sommer und wie sehr wir die Zeit von September bis Weihnachten haßten. "Dieter, das wird wieder was, wenn man dann ins MO rein kommt und alles dampft, weil jeder mit einer verschwitzten Jacke von der Kälte ins warme MO geht." Er stimmte mir zu, er ist auch ein "Sommermensch", genau wie ich. Ich mag den Winter einfach nicht. Ab fünf Uhr ist es dunkel und man kann nicht viel unternehmen, aber sobald die Tage wieder länger werden, freut man sich schon auf den neuen Sommer, auf neue Ferien und auf neue Parties. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg, vor allem, weil noch immer Sommerferien waren. Die letzten Tage der Ferien verstrichen ohne besondere Vorkommnisse. Meinereiner verbrachte sie mit dem für ihn nettesten Geschöpf das es für ihn im Moment auf dieser Welt gab. Natürlich verbrachte ich die letzten Tage nicht nur mit meiner Freundin, sondern auch mit meinen Freunden. Das tolle an ihr war, daß sie so gut wie nie am Abend fort durfte, was im nachhinein betrachtet eine ihrer besten Eigenschaften war . Diese Eigenschaft bedeutete für mich folgendes: Ich besuchte sie bis um neun und dann, machte ich mich auf ins MO oder in irgend einen anderen Biergarten, um dort mit meinen Kumpels den Rest der Nacht zu verbringen. Das Leben in dieser Zeit war einfach göttlich, auch wenn der erste Schultag in greifbare Nähe rückte. Es ist schon komisch, da hat sind noch eine Woche Sommerferien und man beschwert sich, weil es nur noch eine Woche ist. An Ostern, Weihnachten oder Pfingsten ist erst die Hälfte der Ferien vorbei, und der geplagte Schüler hat eine ganze Woche Zeit um zu tun was er will. Aber in den Sommerferien kommt einem eine Woche so kurz vor. Am letzten Abend vor dem ersten Schultag fuhr ich von der Karin nach Hause. Später waren dann noch der Puri und der Basti auf einen Sprung bei mir. Die Stimmung war nicht gerade berauschend -Kunststück, vor uns lag ja auch ein aüßerst anstrengendes Schuljahr. Ich saß auf der Fensterbank und schaute nach Gerolfing. Ich dachte an mein Mädchen und an den vergangenen Sommer zurück. Ich hatte ein komisches Gefühl, so als würde sich bald alles verändern, als ob ich in naher Zukunft alles verlieren würde, an was ich so sehr hing: an meinem Mädel, an meinen Freunden und am Faulenzen in den Ferien. Ich bemerkt wie es langsam kühl wurde. Es wurde feucht, die Erde roch komisch und in einiger Entfernung konnte ich die ersten Nebelschwaden dieses Jahres erkennen -es war Frühherbst. Immer wenn ich an den Frühherbst denke, denke ich auch an meinen Geburtstag. Am 17. September ist mein Geburtstag, also kurz nach Schulanfang. Wie immer kam ich in der letzten Feriennacht nicht ins Bett. Ich hatte zwar versucht mein Leben in den vergangenen drei Tagen wieder in geordnetere Bahnen als in den Ferien zu bringen, praktisch versucht den Schulrhythmus wieder zu bekommen, aber es funktionierte nicht. Kaum war ich eingeschlafen, wurde ich auch schon wieder von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen. Konnte es sein? Ja, ich hatte doch noch zwei Stunden Schlaf abbekommen.

Der erste Schultag ging gut los. Ich bekam meinen geliebten Mathelehrer aus dem letzten Jahr, dieses Jahr auch noch einmal in Mathe. Ich gebe euch vollkommen recht, das ist der, den ich dazu gebracht hatte, daß er das Klassenzimmer verließ, weil ich mich so über seine Benotung aufgeregt hatte. In Musik bekam ich auch meinen absoluten Lieblingslehrer, nämlich den, der mich immer in der zweiten Stunde nach den großen Ferien über das Notenlesen ausgefragt hat. Dann bekomme ich natürlich immer eine fünf, weil ich kein Instrument spiele. "Basiswissen" sagen die dann Lehrer immer, wenn man einen Grund für seinen fünfer wissen will.

Das nächste was auf dem Programm stand war meine Geburtstagsparty. Ich lud alle meine Freunde und Bekannten ein, wie immer halt. Doch diese Party sollte sich von allen anderen, die ich je bis jetzt gehalten habe, unterscheiden. Zum ersten mal sollte ich mit meiner eigenen Freundin auf meiner eigenen Party erscheinen. Das muß man sich mal vorstellen: mit der eigenen Freundin, auf die eigene Party - Wahnsinn. Die Freude wurde allerdings getrübt, als die Karin mir erzählte, daß sie nur bis zehn Uhr bleiben dürfte. Also wurde fieberhaft nach einer Lösung für das Problem gesucht. Nun, ich fand eine. Ich verlegte meine Party von Samstag auf Freitag. Jetzt durfte die Karin auf meine Party kommen, da wir nun in meinen Geburtstag hineinfeierten. Ausnahmsweise holten sie ihre Eltern erst so gegen ein Uhr ab. Es wurde Freitag, es wurde fünf Uhr und die ersten Gäste trudelten bei mir ein. Die Karin kam mit der Dani erst um acht.

Ab acht Uhr verbrachte ich den Abend, ihr braucht gar nicht meinen, daß ich anders wäre als meine Freunde, mit meiner Karin auf der Couch in meinem Keller. Zu trinken wollte sie Wodka gemischt mit Orangensaft. Wenn ich gewußt hätte, das sie davon nur zwei verträgt, hätte sie höchstens einen bekommen,. aber wer weiß das schon, denn zu Beginn der Ferien hatte sie ja auch einiges vertragen. Gut lustig schlenderten wir vom Keller in den Hausgang. Sie meinte: " Laß mich los, ich bin überhaupt nicht besoffen, ich kann ganz alleine gehen.". Auf ihren Wunsch hin ließ ich sie los. Kaum hatte sie zwei Schritte gemacht sagte sie: "Harry halt mich, sonst falle ich um.". Wenn ich nicht schnell reagiert hätte, wäre sie voll mit dem Kopf an die Haustüre gekracht.

In der Zwischenzeit hatte auch der Patrick Bekanntschaft mit dem Alkohol gemacht. Als er sich vor die Haustüre legte, dort einschlief und sich dann zweimal übergab, beschlossen wir ihn in die Garage zu legen, da er keine Anzeichen zu machen schien, heute noch einmal aufzuwachen. Im weiteren Verlauf des Abends oder sollte ich besser sagen der Nacht, verunstaltete er unsere Garage mit weiteren acht Versuchen des Erbrechens. Mein Vater ist vielleicht erschrocken, als er in der Früh einen in seinen Magenrückständen schlummernden Patrick vorfand. Aber das war bei weitem nicht alles was an diesem Abend passiert ist. Die Dani war auch schon gut lustig und wollte unbedingt computerspielen. Ich gab ihr ein Autorennen, weil sie meiner Meinung nach nicht mehr im Stande gewesen wäre, ein Flugzeug sicher zu landen. Nach einer halben Stunde bemerkte sie dann doch endlich wieso es nicht so gut ist, wenn man mit dem Rennwagen mit 200 Meilen in der Stunde an eine Bande kracht, ich schätze der Joystick war falsch eingestellt, sonst hätte der Rennwagen viel schneller reagiert. In der Zwischenzeit ließ ich die Karin auf meinem Bett einfach liegen. Es war das sinnvollste was ich tun konnte, weil auf einem Stuhl wäre sie eh nicht lange gerade gesessen. Als das mit dem kaputten Rennauto langweilig zu werden schien, ging die Daniela in die Garage, weil da doch der Roman war. Er kümmerte sich um den betrunkenen Patrick und irgendwie schien er ihr zu gefallen. Nicht das hier ein Mißverständnis aufkommt, denn der Roman gefiehl ihr, der Patrick nicht so sehr. Ich schätze es lag an den Bröckchen in seinen Haaren, oder waren es vielleicht doch einmal Chips gewesen, na egal.

Ich gesellte mich zu meiner Karin aufs Bett, schaltete das Licht aus, und sie tat etwas völlig wunderbares. Ich legte sie auf meinen Bauch und sie schlief ein. Das müßt ihr euch mal vorstellen, schläft die auf meinem Bauch ein. Als sie so auf mir lag war ich froh, daß ich sie hatte und das es sie gab. Ich hatte mich in dieses Mädchen unsterblich verliebt und wenn sie mir einer weggenommen hätte, ich hätte diesen Jemand so zerlegt, daß er nicht mehr gewußt hätte, wo Vorne und Hinten ist. Ein paar Minuten vor Mitternacht weckte ich sie auf. Es war Zeit um auf meinen siebzehnten Geburtstag anzustoßen. Auf dem Weg in den Keller wurde ich, wie könnte es auch anders sein, in die Garage gezerrt, um auch einmal einen Blick auf unser kotzendes Stück Elend werfen zu können. Ich zitierte ein uns nur allzugut bekanntes Lied: "Ein schönes Fest, aber wenn einer so betrunken ist, zum kotzen is des!". Wie ich erfuhr hatte unser Patrick auch noch ein bißchen was vom Apfelkorn erwischt. Bisher wußte ich nur von dem Wodka und den 6 oder 7 Bier. Er wird heute noch sauer wenn wir uns über ihn lustig machen, indem wir ein lustiges Apfelkornlied anstimmen: "Komm zu uns, komm raus auf’s Land, hier wird Berenzen gebrannt....". Kurz nach zwölf konnte ich mich in den Hobbyraum vorkämpfen, und mußte erkennen wie es ist, wenn man das Anstoßen auf seinen eigenen Geburtstag verpaßt. Nee, war nur ein Witz, sie haben natürlich auf mich gewartet. War super, echt. Noch besser wurde es aber als die Karin und die Dani kurz darauf abgeholt wurden. Unser Hauseingang sah gigantisch aus. Zerbrochene Styroporplatten (die wir dem Patrick untergelegt hatten, damit er nicht so fror), leere Sektflaschen, halbvolle Bierflaschen, und was weiß ich, was da noch alles bei uns im Vorgarten umeinander lag. Über Patricks wieder ausgespuckte Apfelkorn.- und Wodkarückstände im Schotter neben der Haustür legten wir schnell ein paar Steine, damit Karins Mutter nichts bemerkt. Sie schien aber genau zu wissen was hier vorgefallen war, denn die Ausrede, daß der Puri sich hier sein Bett zurecht gemacht hat, schien sie nicht ganz zu glauben. Alles lief wunderbar, die Karin konnte wieder halbwegs gerade laufen, die Dani hatte sich in den Roman verliebt, doch der Patrick konnte sich wie immer nicht beherrschen. In dem Moment wo wir uns von der Karin und ihrer Mutter verabschiedeten und sie an der Garage vorbeigingen, fing er in der Garage an zu brechen. Mit einem unüberhörbaren Würgegeräusch verabschiedete er sich von meiner Freundin. Alles hätte wunderbar geklappt, aber konnte sich leider keine halbe Minute mehr zusammenreißen.

Wir schlossen schnell die Haustür und ich machte mich daran, die Sauerei in der Küche wieder in Ordnung zu bringen. Der Gerhard hatte sich einen Kaffe eingebildet, indem der Löffel stecken bleibt, leider hatte er vergessen, daß es nicht gut ist den Kaffefilter ganz vollzumachen, da sonst das Wasser oben überquillt. Einen Mischung aus Kaffeepulver und Wasser erstreckte sich im Umkreis von mehreren Dezimetern um die Kaffemaschine, denn von so einem guten Kaffee braucht man schon seine zehn Tassen. Die "gute" Spagetthisoße von der Judith war auch übriggeblieben, selbstverständlich auch die Nudeln. Ich weiß auch nicht warum, aber Nudeln ohne Soße schmecken irgendwie nach gar nichts. Da hilft auch kein Salz, oder Puris Kreation mit Chips und Erdnußflips. Nachdem die Küche nach zwei Stunden harter Arbeit wieder auf Vordermann gebracht worden, war und wir uns gerade auf den Weg in den Keller zur Party begaben, stellten wir fest, wie ruhig es auf einmal im Haus geworden war. Beim öffnen der Kellertür stellte ich den Grund für die Stille fest, alle waren ins Bett gegangen. Die Party war also vorbei und ich schleppte mich Müde in mein Zimmer. Dort stellte ich zu meiner übergroßen Freude fest, daß der Dennis in meinem Bett lag. Ich nahm ihm das Kopfkissen weg und legte mich auf dem Boden. Eingeschlafen bin ich dann auch bald, mit den Gedanken bei meiner Karin, denn sie wollte morgen bzw. heute mit mir zusammen den Rest meines Geburtstags in Ruhe verbringen. Nach einer extrem kurzen, aber dafür harten Nacht wachte ich auf. Mein Rücken tat mir weh und aus dem Hobbyraum war schon wieder Musik zu hören. Was mich wunderte war, daß meine Eltern nichts gegen diesen Krach in der Früh um acht hatten. Dann fiel mir ein warum sie nichts dagegen hatten, sie waren gar nicht Zuhause. Mein Vater mußte in der Stadt was erledigen und meine Mama hatte in München einen Kurs für Stenolehrer zu absolvieren. Mit einem komischen Gefühl in meinem Kopf, nicht vom saufen, sondern vom wenigen Schlafen, stolperte ich ins Bad. Kurz nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte, fiel mir der Patrick ein, der noch immer in der Garage liegen mußte. Ich rannte die Treppe hinunter, öffnete die Tür zur Garage um mich dort zu fragen, wo denn der Patrick hingekommen sein könnte - in der Garage war nämlich nicht mehr. Über den Schacht im Treppenhaus blickte ich in den Keller, wo auch der Patrick mehr oder weniger wohlbehalten zu liegen schien. Ich vermeide das Wort Schlafen, da ich mir nicht vorstellen kann, wie man bei dem Krach der aus dem Partykeller kam, noch schlafen konnte. Im Wohnzimmer war der harte Kern schon wieder am werkeln. Ein kleines Bier zum wach werden braucht der Mensch schon. Gott sei dank halfen mir ein paar meiner Freunde beim Aufräumen, sonst hätte ich lange gebraucht um das Haus wieder bewohnbar zu machen. Gegen Mittag war der größte Teil der Gäste verschwunden und das Haus wieder von einem Schweinestall in eine Luxussuite zurückverwandelt worden. Die einzigen die noch da waren, waren der Flo und der Puri. Sie wollten noch bei mir bleiben bis die Karin am Nachmittag kommen wollte, also holten wir uns für jeden von uns ein Pizza. Während wir unsere guten Pizzas aufasen, schauten wir auf Video noch "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Raumschiff " an. Ein cooler Film. Am Besten ist die Szene wo ein junger Offizier mit "Captain Kirk" auf der Mondbasis über einen Monitor spricht, und dann geht eine Tür auf und er steht vor dem jungen Offizier. Diejenigen von euch die den Film kennen, wissen auf welche Szene ich anspiele. Zu unseren absoluten Lieblingsfilmen gehören zum Beispiel: "Das Leben des Brian", "Space Balls", "Ein Single kommt selten allein" und mein Abschlußballvideo. Der Puri hat auf meiner Party das Abschlußballvideo mindesten fünf mal angeschaut, immer mit anderen Leuten. Dabei hat er sich kaputt gelacht und mich haben die Gäste aufgrund meiner "achsoguten" tänzerischen Fähigkeiten ausgelacht. Dieses Video konnte die Stimmung auf meiner Geburtstagsparty, genau wie auf der Sommerparty enorm steigern. Vor allen Leuten blöd dastehen oder ins Fettnäpfchen treten kann ich wirklich gut. Die Karin kam genau im richtigen Moment, denn meine letzten beiden Partygäste verabschiedeten sich gerade als sie eintraf. Ich muß wohl sehr müde ausgesehen haben, als sie mich sah, weil sie mich gefragt hat: "Na, wie lange hat es denn gestern noch gedauert?". "Oh nicht mehr so lange, aber am Boden ist es halt doch nicht ganz so gemütlich wie im Bett.". Ich weiß leider nicht mehr was ich mit ihr an diesem Nachmittag gemacht habe, aber ich glaube wir haben es uns auf der Couch gemütlich gemacht und einen unser Kultfilme angeguckt. Am Abend ging ich natürlich zum tanzen. Sie, meine Freunde natürlich, wer sonst, wollten mich zum Geburtstagswalzer überreden, aber ich lehnte dankend ab. Auf gut Deutsch verdrückte ich mich kurz nach draußen um nicht vor allen Leuten tanzen zu müssen. Leider übersah ich dabei eine klitzekleine Kleinigkeit. Ab zehn Uhr schließt die Tanzschule ihre Türe zu, und jeder der draußen steht muß auch draußen bleiben. Ich kann euch sagen, daß es im Herbst schon ziemlich kalt in der Nacht wird, gerade dann, wenn man auf einer Steintreppe warten muß, bis die Tanzparty endlich aus ist, und dein Freund irgendwann kommt um dich mit dem Auto nach Hause zu fahren. Zum Glück hatte die Tankstelle auf, sonst hätte ich ohne ein Computermagazin auf der Treppe zubringen müssen. Nach einer gemütlichen Stunde des Wartens auf der Treppe, ging die Tanzparty dann doch zu Ende. Ein wenig durchgefroren aber mit dem guten Gefühl dem Geburtstagswalzer entkommen zu sein fuhr mich der Flo nach Hause. Ich ging gleich ins Bett, weil ich vom Vortag und von der Nacht noch recht erschöpft war. Es war der schönste Geburtstag und die schönste Party die ich bis jetzt bei mir gefeiert habe, nicht wegen der Stimmung, die war schon um einiges besser, nein, wegen meinem Knuddelbärle. Es gibt Momente im Leben, da meint man, es würde immer so weitergehen, leider denkt man das nicht allzulang, nur solange bis eine Krise beginnt. Ich gebe euch an dieser Stelle einen guten Rat: "Genießt die schönen Augenblicke im Leben, sie gehen viel zu schnell vorbei. Solltet ihr doch einmal aus allen Wolken fallen, dann nehmt euch eine gute CD, ein paar Freunde und ein paar Bier. Das Leben wird deshalb nicht besser, aber es hat zumindest für ein paar Stunden den Anschein als wäre es besser.".

Kurz darauf brachen harte Zeiten an. Die Löwen hatten gegen die Bayern verloren und einen Tag nachdem meine Fußballwelt zusammengebrochen war, mußte ich noch mit all den Bayernfans aus meiner Klasse nach München. Ich wurde natürlich ausgelacht weil ich darauf getippt hatte, daß die Bayern verlieren. Nach dem Pflichtteil des Wandertags ging der Großteil unserer Klasse, eigentlich alle, aufs Oktoberfest. Mit meinen letzten 10 Mark wollte ich etwas Besonderes erleben. Mein Geld reichte gerade noch für eine Fahrt mit der Achterbahn. Fünferlooping. 45 Meter hoch. Höchstgeschwindigkeit 100 Km/h. Mit den Bayernfans aus meiner Klasse setzte ich mich in den Waggon und wir wurden langsam nach oben geschleppt. Als wir dann am höchsten Punkt angekommen waren und nach unten guckten, verstummte sogar der Gesang meiner Klassenkameraden. Zwei Sekunden später schossen wir schon dem Erdboden entgegen, und aus dem einst so prächtigen Gesang wurden Schreie. Auch wenn es für 10 Mark ein kurzer Spaß war, muß ich sagen, es war die ganze Sache wert, zumindest einmal. Dreierlooping bin ich bei uns auch schon gefahren, aber Fünferlooping auf dem Oktoberfest ist noch um einiges besser. Nun zur Beantwortung der Frage warum ich nur noch 10 Mark für die Fahrten gehabt habe. Ich hatte der Karin einen FC Bayerngeldbeutel gekauft. Für einen echt nicht sehr großen Geldbeutel haben die mir doch tatsächlich knappe 20 Märker abgeknöpft. Was tut man nicht alles für einen Original FC Bayern- Geldbeutel und für die geliebte Freundin. Die Zeit verging seitdem die Schule wieder angefangen hatte so komisch intervallweise. In der Schule schien die Zeit still zu stehen, Zuhause war der Nachmittag im Nu vorbei- nichts ungewöhnliches also. Ein Paar Wochen später (zwei) war dann auch bei uns Volksfest. Wie immer hatte ich kein Geld, dafür aber eine gutverdienende Mutter, was auch Vorteile hat. Am ersten Abend hatte die Karin keine Zeit, hat mir recht wenig ausgemacht, weil so konnte ich mit dem Sturmi und dem Dieter ins Bierzelt. Nach einer Unmenge von Weibergeschichten, bei denen ich, aus mir unerklärlichen Gründen nicht mithalten konnte, machten wir uns auf den Heimweg. Wie’s der Zufall will rennt an mir einer mit einer Plastikfahne von den Bayern vorbei. Ihr kennt diese Fahnen bestimmt- man bekommt sie auch im Zirkus oder eben auf dem Volksfest, Kirmes für die norddeutschen Leser dieses Schrotts, an den Schießbuden oder beim Dosenwerfen. Dieser Mensch hatte aber keine kleine Fahne, sondern eine doppelt so große wie üblich. Es stellte sich mir die Frage, wo er diese Fahne her hatte? Nett wie der Sturmi und der Dieter halt mal sind, machten sie sich mit mir auf die Suche nach dem Stand, wo es diese Fahne gab. Ich wäre nicht ich, wenn es nicht der Stand am hinteren Ende des Platzes gewesen wäre. Wir wollten die Suche gerade aufgeben, als wir zur letzten Ballwurfbude kamen, wo mich schon ein ganzes Bündel mit diesen Fahnen anlächelte. Nach mehreren Fehlversuchen konnte ich dann doch noch eine Bayernfahne ergattern. Als ich sie dann der Karin in den nächsten Tagen vorbeigefahren habe, hat sie sich beschwert, weil auf der Fahne nicht die Meisterschaft der letzten Saison aufgeführt war. Es standen nämlich alle Titelgewinne und Pokalsiege bis 1990 auf der Fahne. Kann einer von euch die Frauen verstehen. Da rennt man über’s ganze Volksfest um für seinen Schatz ein Geschenk mitzubringen und dann wird man angemotzt, weil die Fahne nicht auf dem neuesten Stand ist. Anmotzen hin oder her, ich hatte zumindest die innere Befriedigung für sie eine große Fahne besorgt zu haben, auch wenn sie es anscheinend nicht zu schätzen wußte. Jetzt hätte ich doch beinahe vergessen etwas wichtiges zu erzählen. Eines schönen Nachmittags, sie hatte in der Früh Schulgottesdienst gehabt, machte ich einen kleinen Abstecher zu ihr, eher spontan. Nach einer ernüchternden Begrüßung, ein kurzes Hallo ohne Bussi, bemerkte ich, daß irgendwas nicht in Ordnung war. Sie war irgendwie "down", aber wie Mädchen eben mal sind, wollte sie mir partout nicht den Grund für ihre schlechte Laune sagen. Hartnäckig wie ich bin, nervte ich sie solange bis sie mit dem Grund für ihre Laune herausrückte. "Also, die Sache war die, mein Ex-Freund der Raimond hat mich heute in der Kirche so nett angeschaut, daß mir alles nocheinmal hochgekommen ist, ich wollte es Dir nicht sagen, aber Du hast darauf bestanden.". Mein Gesicht könnt ihr euch natürlich vorstellen. Es kommt nicht oft vor, daß ich sprachlos bin, aber das war eine Sache wo nicht einmal ich wußte, was ich sagen soll. Wahrlich ich sage euch, es ist ein tolles Gefühl vom eigenen Mädel gesagt zu bekommen, daß sie noch an ihrem ehemaligen Freund hängt. Ach ja, ich war so erleichtert, als ich sie gefragt habe: "Ähh, soll das bedeuten Du willst mit mir schluß machen?" und ich als Antwort ein: "Nein, auf keinen Fall!" bekam. Nach diesem Zeitpunkt hat sie gegenüber mir diesen Raimond nie wieder erwähnt. Ich bin froh darüber, weil ich sonst für nichts mehr garantiert hätte. Ich bin aus allen Wolken gefallen als sie mir gesagt hat: "Mir sind alte Gefühle wieder hochgekommen, als er mich heute in der Kirche angelächelt hat.". Es ist unbeschreiblich. Man muß sowas erst einmal miterlebt haben, sonst weiß man nicht wie schockiert man ist, und wie weh es tut, wenn man von einem Mädchen für das man alles tun würde, so einen netten Satz ins Gesicht gesagt bekommt. Sicher, man könnte als Einwand bringen, daß ich unbedingt wissen wollte, warum sie so schlecht drauf war, aber trotzdem. Ein paar Tage später habe ich sie dann wieder besucht, aber alles war wie immer, ich habe gehofft, daß es nur ein einmaliger Fehltritt war. Fehltritt ist in diesem Zusammenhang ein komisches Wort, aber mir fällt leider kein besserer Begriff ein, außer vielleicht Fehlgefühl. Was ich noch sagen wollte: der Raimond hat damals mit ihr nach fünf Wochen schluß gemacht, nicht sie mit ihm.

Ein oder zwei Wochen später, an einem, der Tage vor dem "Tag der Deutschen Einheit", war es dann endlich soweit. Der Harry durfte seine Freundin aufs Volksfest führen. In der Zwischenzeit sind auch der Roman und die Dani zusammengekommen, die Welt schien also soweit wieder in Ordnung zu sein, wenn auch nicht mehr lange, was ich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußte. Am Nachmittag besuchte ich noch meine süße kleine Maus. Wir machten es uns vor dem Fernseher gemütlich, und schauten den Film "My Girl" an. Ein netter Film, obwohl ich finde, daß ich ohne ihn leben könnte. Kein schlechter Film, aber auch noch lange kein Klassiker. Die Karin war an diesem Nachmittag irgendwie schlecht drauf. Ich wollte wissen was los war, aber sie gab mir keine Antwort, im ersten Moment hatte ich Angst es könnte wieder der nettlächelnde Ex-Freund aus ihrer Klasse sein, aber sie hat gemeint es hätte einen anderen Grund. Um kurz vor vier brachen wir auf ins Volksfest. Ich war wie immer mit dem Rad bei ihr. Dank ihrer Laune durfte ich vorfahren, mich umziehen, Geld hohlen, und sie pünktlich um 16:25 Uhr am Busbahnhof abholen- denkste. Ich war zwar in sie sehr verliebt, aber das Abstellgleis für ihre schlechte Laune, war ich nicht. Sie hatte den gewissen Punkt überschritten, bei dem ich mich auf stur stelle, und absichtlich nicht das mache, was von mir verlangt wird. Sie hatte mir einen Befehl erteilt. An der Bushaltestelle traf ich die Susanne, die ich seit dem Lasagneabend im Sommer kannte. Das erste was ich tat, war, daß ich mit über allerhand Zeug redete und die Karin gar nicht weiter beachtete. Ich verabschiedete mich von der Susanne und machte mich allmählich auf den Weg in die Stadt, bzw. zu mir nach Hause, nachdem der Bus gekommen war. Gute 10 Minuten später als der Bus traf ich am Busbahnhof ein, und siehe da, auf einmal konnte die Karin wieder nett sein. Auf meine erneute Frage hin, warum sie vorhin so mies gelaunt war kam die ultimative Antwort: "Du hast mich vorhin verarscht und das habe ich Dir übel genommen.". Es stellte sich bei mir der "Aha-Effekt" ein. Ein gutgemeinter Rat von mir: verarscht niemals ein Mädchen, nichteinmal die eigene Freundin. Mädchen sind so schnell "eingeschnappt". Als Junge denkt man sich dabei relativ wenig, aber ein Mädchen ist sozusagen ein "Heiligtum" über das man sich nicht lustig machen darf. Am besten man läßt gleich die Finger von den Mädchen, denn dann bekommen sie keine Fingerabdrücke auf ihrer schier markellosen Hochglanzoberfläche. Der schlaue Leser merkt sich: Mädchen nicht ärgern, da sonst eingeschnappt. Mit dieser Regel kommt man gut über die Runden. Eine andere Sache die ich vom Sturmi gelernt habe ist folgende: "Sei zu jedem Mädchen nett, auch wenn Du sie nicht magst, oder wenn sie Dir nicht gefällt. Sie könnte eine nette Freundin haben die Dir gefällt.". Ich muß zugeben er hat recht damit. Immer nett sein, das bringt bei Mädchen einen guten Ruf, und vielleicht auch eine Freundin.

Nachdem ich tausendmal um Vergebung gebeten hatte, war sie doch so nett, und vergab mir meine Sünden. Auf dem Volksfest war für einen Samstagabend noch verhältnismäßig wenig los. Ich nahm sie in den Arm und wir bummelten gemütlich über’s Volksfest. Da meine Eltern vorher nicht Zuhause waren, war mein Geld im Nu verpulvert. Auf einmal machte sie einen halben Meter Platz und ich mußte den Arm von ihr weg nehmen? Was war los wird sich jetzt so Mancher denken? Unter all den Leuten hatten wir eine gute Bekannte von ihrer Mutter getroffen. Es war immer das Selbe wenn wir auf jemanden aus ihrem näheren Bekanntenkreis stießen. Sofort mußte ich einen größeren Sicherheitsabstand einnehmen, denn die Bekannten hätten ihrem Vater oder ihrer Mutter erzählen können, daß ich den Arm um sie rum gehabt habe. Oh mein Gott, man hätte sie dafür sicherlich getötet, denn aus diesem jugendlichen Enthusiasmus hätte ja was entstehen können, was man später einmal bereut. Wie schlimm wäre es denn gewesen, wenn uns ein Bekannter von ihr, Arm in Arm durch die Stadt schlendern gesehen hätte, aber für dieses Verhalten habe ich nur eine Erklärung: sie mußte vor ihren Eltern das brave nette Mädchen spielen. Diese Rolle beherrschte sie perfekt, das brave nette Mädchen die keinem etwas tun könnte. Kurz nachdem Gespräch mit ihrem Bekannten trafen wir zum Glück auf meine Eltern, was soviel bedeutet wie - Geld. Ich staubte noch schnell einen 50 Markschein ab und weiter ging’s mit Karussells, Zugspitzbahn und der besten Sache von allen, mit der Brotzeit. Im Bierzelt trafen wir ihre Eltern. Von ihnen wurde ich auf eine Makrele und auf einen Spezi eingeladen. Normalerweise hätte ich mir nie einen Fisch zahlen lassen oder etwas zu Trinken. Für gewöhnlich habe ich soviel Geld bei mir, daß ich mir meine Sachen selber bezahlen kann, aber ihr Vater hat darauf bestanden, allerdings bin ich auch kein Mensch den man lange bitten muß, und bevor ich mich schlagen lasse, lasse ich mich eben einladen. Ich bedankte mich so fre

undlich es eben ging und verschlang eine riesige Makrele. Diese Makrele war echt gut, der Spezi auch, wenn bloß der Bruder aufgehört hätte seinen lustigen Witze zu erzählen. Ich hätte ihm schon ein paar richtig gute Witze erzählen können, aber ich ließ es sein, da die Witze nicht Jugendfrei gewesen wären. Nicht daß ich Angst gehabt hätte diesen Jungen zu verderben, aber vielleicht hätte ich seine Eltern verdorben. Aus diesem Grunde ließ ich Karins Bruder weiter seine Witze erzählen. Wir wollten gerade noch ein wenig durch die Gegend stöbern, als uns der Vater von ihr, jedem noch 10 Mark in die Hand drückte. Im ersten Moment wollte ich das Geld gar nicht haben, denn ich hatte von meinem Geld noch so gut wie nichts ausgegeben. Dankend nahm ich den Zehner und mir wurde von einem Moment auf den Anderen bewußt, daß es das erste Volksfest war, bei dem ich mit mehr Geld nach Hause zurückkam, als mit dem ich gegangen bin. Komische Sache, aber ich dachte: "Harry, da wirst Du dich diesem harten Schicksal wohl fügen müssen.". Diejenigen von euch die mich kennen werden sagen: "Nein, das ist unmöglich, unser Harry kommt nie mit mehr als fünf Mark vom Fortgehen Heim." Meine Wenigkeit kann dazu nur soviel sagen: "He, Leute ihr habt recht, sowas kommt bei mir nie vor.". War da nicht noch irgendwo eine Tanzparty wo alle meine Freunde waren? Es konnte für mich nur einen Verlauf des weiteren Abends geben: 1) Sich von der Freundin verabschieden; 2) Mit den Kumpels auf die Tanzparty gehen. Gedacht, getan. Nicht daß ich nicht gerne mit meiner Freundin noch ein wenig länger auf dem Volksfest geblieben wäre, nein, wenn sie länger Zeit gehabt hätte, wäre ich auch noch bei ihr geblieben, schon aus Sicherheitsgründen, daß sie sich keinen anderen Typen angelt. Wenn ich mich recht erinnere, dann war es kurz nach acht, wie wir uns mit ihren Eltern an einem vorher ausgemachten Treffpunkt wieder begegneten. Leider bekamen wir keine Zugabe mehr, sie mußte nach Hause. Ich begleitete sie noch zum Auto, nicht nur weil mein Fahrrad in der Nähe des Parkplatzes stand, sondern weil ich einfach jede nur mögliche Minute mit ihr zusammensein wollte. Wir ließen ein paar Meter Abstand zu ihren Eltern und dann verabschiedeten wir uns, wie es sich für ein Liebespaar gehört. Ich sperrte mein Fahrrad auf, blickte meiner feschen Maus noch einmal hinterher, sie drehte sich auch noch mal um, ich winkte ihr, setzte mich auf mein Fahrrad und radelte in Richtung Tanzschule. Dort angekommen lud ich mit dem Übriggebliebenen Geld mein besten Freunde auf ein Bier oder auf ein Getränk ein, daß sie halt gerade haben wollten. Wenn ich heute an diesen Tag zurückdenke, kommen mir viele Erinnerungen an die Karin, an den gemeinsamen Volksfestbesuch mit der Steffi bei dem der Basti zehn Meter vor uns her rannte, damit ich mit ihr ungestört war, aber auch Zukunftsvorstellungen, wie die kommenden Volksfeste zu verlaufen haben. Dieser Nachmittag brachte ein paar Stunden mit sich, die für mich eine sehr große Bedeutung haben.

Bei meiner Tanzpartnerin mußte ich mich selbstverständlich entschuldigen, denn ich hatte mir ausgemacht auf die Tanzparty zu gehen. Wieso, ich war doch beim Tanzen. Schon, aber ich war nicht bei der Tanzschule wo ich das Tanzen gelernt hatte, und wo die Josefa auf mich wartete, sondern bei der Konkurrenz. Nett wie mein Tanzpartnerin ist, war sie mir nicht böse. Es grenzt schon an ein Wunder: die Josefa ist die erste Tanzpartnerin die mit mir mehr als einen Kurs gemacht hat. Ich bin echt voll begeistert über soviel Glück, wenn man bedenkt, daß der Basti mit seiner Tazpartnerin seit dem ersten Kurs zusammen tanzt. An nächsten Mittwoch hatte ich die letzte Stunde frei. Ich freute mich, da es eine Stunde Musik bei meinem Lieblingslehrer weniger bedeutete. Wie jedes Jahr hatte er mich auch dieses mal über allgemeine Musiklehre in der zweiten Stunde nach den großen Ferien ausgefragt. Wie immer bekam ich eine Fünf. Da die Karin am Mittwoch nach der Schule noch Chor hatte, beschloß ich ihr in der Mittagspause eine Pizza zu bringen. Ich kam mir ziemlich blöd vor als um ein Uhr die Schule zuende war und ich mit einer Pizza in der Hand auf dem Schulhof stand. Viele meiner Bekannten rannten an mir vorbei, fragten mich, was ich hier bei ihnen in der Schule mache, und warum ich eine Pizza in der Hand halte. So blöd bin ich schon lange nicht mehr angeschaut worden, echt war. Aber all die komischen Blicke waren sofort vergessen als sie dann endlich aus dem Haupteingang kam. Mit einem freundlichen "Hallo" begrüßte mich mein "Bärle". Wie vorher abgemacht hatte ich für sie eine Pizza mit Schinken und Champignons gekauft- eine kleine damit sie nicht zu fett wird. Die Pizza schien ihr zu schmecken. Was mich ein wenig gestört hat, waren ihre Freundinnen und Schulkameradinnen die alle um uns herumstanden. Unter normalen Umständen habe ich nichts gegen Leute die um mich herumstehen, andererseits kann ich sie nicht gebrauchen, wenn ich mit meiner Freundin alleine sein will, zumindest für ein paar Minuten. Für meine Begriffe vergingen die zehn Minuten viel zu schnell, aber was will man machen, die Zeit verrinnt immer dann am schnellsten wenn es am schönsten ist. Nach einer kurzen Verabschiedung machte ich mich auf den Weg nach Hause. Am Samstag hatten wir geplant zusammen auf die Tanzparty zu gehen. Ich freute mich schon mächtig auf Samstag. Ich stellte es mir wunderbar vor mit ihr zusammen einen Slow-Fox zu tanzen. Am Samstag drückte ich mich natürlich vor meinem Geburtstagswalzer. Leute ich sag’ euch, ihr ahnt gar nicht wieviele Schüler es in Ingolstadt gibt, vor allem unter dem Gesichtspunkt, daß sie mein Vater im Unterricht gehabt hat. Da ich bei der Karin am Tisch saß, schloß ich schnell Bekanntschaft mit einigen Damen die ebenfalls meinen Vater im Unterricht gehabt haben. Die eine war voll lustig. Sie hat mir mindestens fünfmal erzählt, daß sie dauernd meint, mein Vater würde vor ihr sitzen. Mein alter Herr schien doch einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben. Natürlich hat die Karin mit mir keinen Slow-Fox getanzt, wozu auch, ich war ja nur ihr Freund. Ein wenig enttäuscht war ich schon, weil ich doch endlich einmal mit ihr einen Schmusesong tanzen wollte. Ich vertröstete mich auf’s nächste mal. Danach ging ich noch ins Galacticum. Das Galacticum ist eine Disco bei uns, die zu dieser Zeit noch voll aktuell war. Leider ist es heute nicht mehr so- es hat sich eben viel verändert seit damals.

Sie fuhr mit ihrer Mutter über’s Wochenende in ein österreichisches Dorf. Ich dachte mir nicht viel dabei, aber vier Tage später dachte ich mir einiges dabei. Sie schwänzte Chor um mit dem Flo, der Dani und mit mir ins Café Klatsch zu gehen. Dort machte sie mich zuerst einmal ordentlich eifersüchtig. Sie erzählte mir von einem Österreicher der sie die ganze Zeit angebaggert hat, und der sie ständig küssen wollte. Ich wäre beinahe gestorben vor Eifersucht. Wenn ich etwas an ihr gehaßt habe, dann war es wenn sie mich eifersüchtig machte. Nach einiger Zeit des nervösen Umeinanderrutschens auf meinem Stuhl erzählte sie mir, daß sie ihn nicht geküßt hat, und daß sie ihm gesagt hat: "Tut mir leid, bin schon vergeben!". Diese Antwort schien mich zu befriedigen, auch wenn aus heutiger Sicht heraus die Lage ein wenig anders sehe. Leider hatte ich in den Sommerferien einen großen Fehler gemacht, ich hatte dem Florian erzählt, was damals an der 1000jährigen Eiche geschehen war. Ich machte gerade einen kleinen Witz über den Florian, nichts Böses, aber er kann es haben, wenn sich jemand über ihn lustig machte. Als Gegenbemerkung kam: "Hee, Harald, wie war das noch mit dem Küssen im Gerolfinger Eichenwald.". Er hätte alles sagen können, nur nicht jenes. Bitterböse schaute ich ihn an. Dreimal dürft ihr raten wer mich böse anschaute, die Karin. Ich hatte ihr versprochen es niemanden zu erzählen, aber ich habe es doch jemandem erzählt. Drei Personen die für mich damals als äußerst zuverlässig galten, zwei davon sind es für mich heute immer noch. Sie keifte natürlich sofort los: "Hat dir der Harry irgendwas davon erzählt?". "Nein, er hat mir gar nichts erzählt, aber ich kann es mir denken. Gerolfinger Eichenwald, 1000jährige Eiche, und ein Liebespaar. Ihr wart bestimmt nicht das erst Liebespaar dort draußen, und geküßt werdet ihr euch wohl doch haben, oder?". Dies wiederum schien sie zu beruhigen. An diesem Punkt hätte ich ihm beinahe auseinandergenommen. Ich hätte wissen müssen, daß sich so etwas nicht auf Dauer verheimlichen läßt, aber vor ihr hätte er es nicht sagen müssen. Ein anderer Fehler den ich in diesen Tagen gemacht habe war folgender: die Karin hatte mir erzählt, daß die Dani sich in den Roman verliebt hat, allerdings wäre ihr der Florian als Freund lieber gewesen. Ich wußte nicht, daß es zu diesem Zeitpunkt in der Beziehung zwischen dem Flo und der Verena nicht so gut lief. Ich dachte mir nichts böses dabei und erzählte dem Flo, was in der Daniela in puncto Gefühle so alles vor sich ging. Er sagte darauf nicht viel außer: "Die versuche ich mir warm zu halten, falls mit der Verena dann mal schluß ist, dann habe ich noch bei einer anderen gute Chancen.". Das fand ich aber nicht gut. Deshalb erzählte ich der Dani von Flos "Plan". Somit gab es keine Probleme mehr, zumindest nicht für den Augenblick. Die Dani kam daraufhin mit dem Roman zusammen, und der Flo dachte nicht mehr weiter an sie, weil sie ja einen Freund hatte, zumindest hoffte ich es. Der kommende Freitag war ein gemütlicher Nachmittag. Erst war ich bei der Karin und dann schleppte ich sie in die Stadt. Die Betonung liegt auf schleppte. Bei ihrem Fahrrad war das Tretlager kaputt gegangen. Wie man sich verhält, wenn man verliebt ist, dürfte jedem bekannt sein- man versucht alles für den anderen zu tun, so natürlich auch ich. Damit mein damals noch geliebtes Mädel nicht das Fahrrad die 5 Kilometer von Gerolfing nach Ingolstadt schieben mußte, erklärte ich mich dazu bereit sie zu ziehen. Ich setzte mich auf mein Radl, nahm ihr Hand und strampelte los. Ganz schön anstrengend, vor allem unter dem Gesichtspunkt, daß, wie könnte es auch anders sein, an diesem Tag ein recht anständiger Ostwind wehte. Der wetterkundige ingolstädter Bürger der in Gerolfing, oder im Westen wohnt weiß genau, was das bedeutet- Gegenwind. Für die Strecke von ihr zu mir benötigte ich gar nicht so lange. Zuhause machten wir eine kurze Pause in der ich mir dem Puri telefonierte. Ganz aufgeregt berichtete er mir, daß es in der Stadt endlich das Computerspiel zu kaufen gab, auf jenes wir solange gewartet hatten. Ich hatte Gott sei Dank gerade noch soviel Geld auf meinem Konto um es mir zu leisten. Der weitere Verlauf des Tages schaute so aus: die Karin in die Stadt ziehen, dort das Computerspiel kaufen, die Freundin zum Tanzkurs bringen und dann mir dem Puri eine Linksession veranstalten. Wir, der Puri und ich, waren gerade mitten in einem heißen Gefecht, als so gegen halb acht das Telefon läutete. Es war die Karin die mir berichtete, daß sie einen Tanzpartner vom Scheiner aus der 11. Klasse hatte. Sein Name war Markus und er hat ihr erzählt, daß er mich kennt. Mir fiel nur ein Markus vom Scheiner ein, der auch in die elfte Klasse ging und den ich kannte. Es war einer von diesen ewigen Versagertypen, ein Streber halt. Ein komischer Typ, über ihn machten sich alle aus meiner Klasse lustig, und fast jeder der ihn kennt, wird mit mir einer Meinung sein. Ich fing laut an zu lachen, ich konnte mich fast nicht mehr beherrschen. Auf mein Gelächter und meinen Kommentar: "Mit dem Markus", reagierte die Karin nicht ganz so gut. Sie war mir beleidigt, aber ich lachte nicht wegen ihr, sondern wegen dem Markus, es war einfach ein Witz, anders kann ich es nicht ausdrücken. An diesem Abend schrieb ich in mein Tagebuch: "Habe gelacht bis es weh tat. Nun ist sie mir beleidigt, doch ich hoffe sie verzeiht mir bald.". Übrigens habe ich erst seitdem ich mit ihr gegangen bin, angefangen ein Tagebuch zu schreiben. Sie hat auch immer ein Tagebuch geführt, und einmal durfte ich sogar darin eine Seite lesen. Es war schon ein lustiger Abend mit dem Puri, aber ich hatte echt Angst sie könnte mir beleidigt sein. zugegeben, es war nicht nett von mir, aber ich kannte den Markus und seine Art länger als sie, und wußte, wie er war. Am nächsten Morgen läutete sehr früh das Telefon, so gegen elf. In weiser Voraussicht hatte ich das Telefon neben mein Bett gestellt, da die Karin am Vorabend gesagt hatte, sie würde mich in der Früh anrufen. Ich war gerade durch das Läuten wach geworden, suchte mit der Hand den Hörer, hob ab und meldete mich mit einem verschlafen klingendem "Heckl.". "Hi Puri, ich bin’s gib mir doch bitte mal den Harry.". "Nein, ich bin’s" antwortete ich. Sie hat mir nicht geglaubt, daß ich es bin, bis ich sie mir dem Puri reden ließ. In einer Stunde wollten wir uns in der Stadt zum Mittagessen treffen. Obwohl ich eine gute Pizza im Kühlschrank hatte, zog ich es vor in der Stadt zu essen. Der Puri wurde erst fünf Minuten vor zwölf bei mir von seiner Mutter abgeholt, also mußte ich mich ganz schön beeilen um nicht zu spät zu kommen. Ich kam Punkt 12 am vereinbarten Treffpunkt an. Es war wirklich genau zwölf, da im Moment meines Eintreffens (Gott, das klingt wieder geschwollen, was?) die Turmuhr vom Münster schlug. Leider war sie schon da. Ich dachte mir zwar das man ein Mädchen nicht warten läßt, aber die Steffi hatte es damals am Volksfest auch überlebt, allerdings hatte ich sie vorher nicht wegen ihrem Tanzpartner ausgelacht. Ob ich mich bei ihr entschuldigt habe? Klar, soetwas muß man schon machen, auch wenn es einem schwer fällt, gerade wenn die Sache auch zu komisch war. Nach einer kurzen "Eingeschnapptheit ihrer Majestät" und nach dem Kniefall hatte sie mir dann doch verziehen. Das ich je solch eine Gnade erfahren durfte, ich fühlte mich wie ein Knappe der zum Ritter geschlagen wurde. Nach dem Mittagessen holten wir ihr Fahrrad aus der Werkstatt und fuhren zu ihr. Dort verbrachten wir einen äußerst gemütlichen Nachmittag auf der Couch mit einem Videofilm und den anderen Sachen die halt zu einem Pärchen gehören. Nach dem Film wurde es dann Zeit für die Tanzparty. Wir saßen bei ihren Freundinnen und Bekannten. Natürlich, wie könnte es auch anders sein, wurde diesen Samstag auch nichts aus dem Slow-Fox. Etwas enttäuscht verließ ich die Tanzparty mit dem Dennis und dem Stefan, aber ich hatte mich gekonnt vor meinem Geburtstagswalzer gedrückt, das war mir weit lieber als ein Slow-Fox, denn ihr dürft mir glauben, vor gut 200 Menschen alleine einen Walzer auf’s Parkett zu legen ist nichts für schwache Nerven, zumindest war’s damals nichts für meine. Nach der Tanzparty gingen wir in meine Lieblingsdisco, ins Galacticum. Es war wie immer viel los, leider war mein Liebling nicht dabei, denn sie durfte danach nicht mehr weg. Am nächsten Tag hatte meine Oma Geburtstag. Auf Deutsch, es war mal wieder ein ach so großartiges Familientreffen angesagt. Es ist schon eine tolle Sache, zwei Cousins zu haben, die einen dauernd auslachen, weil man noch nicht mit einem Mädchen geschlafen hat. Ich finde nichts dabei, aber mein Cousins halten mich für eine gymnasialen Idioten, der keine Ahnung hat, was in der Welt so vor sich geht. Zugegeben, ich schaue nie Nachrichten an, oder lese Zeitung, aber deswegen weiß ich auch, daß es im Leben etwas wichtigeres gibt, als mit einem Mädchen zu schlafen. Eine Sache ist wirklich um einiges wichtiger, nämlich die Liebe zu einer Frau. Allerdings geht die Liebe zu einer Frau nicht nur mit dem Kopf oder dem Herz von statten, sondern auch mit den Gefühlen, die durchaus auch einen Mann auf Touren bringen können. Auf jeden Fall war ich heilfroh, als dieser Tag zu Ende ging, denn Familientreffen mit vor Freundlichkeit strotzenden Verwandten sind wirklich so schön wie alte Sissifilme. Würde man nämlich das Schmalz, das heruntertopft bei jedem "Ach, wie geht’s Dir denn?" oder "Gut siehst Du aus, und groß bist Du geworden, ich hätte Dich beinahe nicht mehr erkannt." aufsammeln, so würde man am Ende einen Jahresvorrat von Schmalz haben. Soviel zu meiner Ansicht über die Famielientreffen.

In der kommenden Woche geschah im Grunde nicht viel. Das Leben ging seinen schönen gewohnten Gang (Schule, Lernen, Schlafengehen), aber irgendwie freute ich ganz besonders auf das kommende Wochenende. Geplant war folgendes: Am Freitag wollte ich zur Karin, sogar am Abend, weil ihre Eltern nicht Zuhause waren, und am Samstag wollten wir mit ihren Freundinnen nach der Tanzparty noch ein bißchen fortgehen. Aber ich wäre kein Glückspilz, wenn mal nicht wieder alles anders gekommen wäre, als geplant. Eigentlich müßte ich zufrieden sein, denn es ging ja zum Glück nur einer vor zwei Tagen schief. Der Freitag verlief genau so, wie ich es erwartet und erhofft hatte. Am Nachmittag war der Puri bei mir. Wir hatten eine fetzten Gaudi vor unser heißgeliebten "kleinen schlauen Kiste". Nach einigen gemütlichen Stunden des Computerspielens wurde es für uns beide Zeit, sich auf den Weg zu machen. Er nach Hause und ich zu meinem geliebten "Weiblein". Es sollte ein lustiger Abend werden- in jeder Hinsicht. Zuerst bestellten wir uns eine Pizza, meiner Meinung nach beim besten Pizzaservice der Stadt, aber ihr war die Pizza, wieso auch immer, zu schlecht. Ich fand die Pizza ausgezeichnet, aber über Geschmack läßt sich ja bekanntlich streiten. Im Radio hörten wir uns die "Top 10" von Bayern an. Wie erhofft war der rufende Berg auf Platz 1. Das Leben konnte bis auf die fehlenden Ferien nicht mehr besser werden. Wir verzogen uns in ihr Zimmer um ein wenig ungestört zu sein. Wißt ihr, wie nervend ein 12jähriger kleiner Bruder der Freundin sein kann? Einige von euch werden sicher aufstöhnen, den Übrigen kann ich ein paar nette Dinge berichten. Nicht nur, daß er alle 5 Minuten gekommen wäre und nach dem Rechten gesehen hat, nein, er hat sogar bei meinem Mathelehrer angerufen und ihn am Telefon verarscht. Nett, gell. Aber es kam noch viel schlimmer. Als wir ihn offensichtlich verjagt hatten und für fünf Minuten unsere Ruhe hatten, legten wir uns auf den Boden und küßten uns ein wenig. Auf einmal hörte ich auf. "Was ist denn?", fragte sie. "Halt mich jetzt bitte nicht für blöd, aber da hat es gerade eben geblitzt.". "Jetzt glaub ich schon, daß Du spinnst, das kann gar nicht sein.". Ich wollte gerade wieder loslegen als plötzlich- Blitz. Diesmal hatte sie es auch bemerkt. Nach mehreren vergeblichen Anläufen und noch mehr Blitzen wurde uns der Grund für dieses komische Wetterleuchten schnell bewußt. Der nette kleine Bruder hatte von seinem Zimmer aus, durch seine Balkontür, durch ihre Balkontür hindurch uns beim Knutschen fotografiert. Sie wurde halb wahnsinnig, aber ich machte mir wenig daraus, denn wie groß ist schon die Chance, daß man durch zwei Türen hindurch bei Nacht mit Blitz fotografiert und dann noch ein vernünftiges Ergebnis erhält? Wenn ich ehrlich sein soll, sehr hoch. Sie hat mir später erzählt, wie sie ihrem Bruder für eine CD die Photos quasi abkaufen mußte. Stocksauer wie sie war, mußte sie natürlich (typisch Mädchen) mit ihrem Bruder das Streiten anfangen- gemütlicher Abend ade. Gegen zehn fuhr ich dann nach Hause, erstens weil ihre Eltern nach Hause kommen hätten können, und weil es mit einem schlechtgelaunten Mädchen auf Dauer unerträglich wird. In der Nacht als ich in meinem Bett lag, freute ich mich schon sehr auf den nächsten Tag, denn ich wollte in der Früh einen Stadtbummel machen, dann wollte ich auf die Tanzparty, und zum Schluß mit der Karin und ihren Freundinnen in die Stadt. Irgendwie kam aber alles völlig anders....

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